Dabei gab es die Band ja bereits vor ihrem Welthitalbum "Labour of
Love" - und bis dahin galten die Birminghamer auch als Sozialkritiker,
so akklamierten sie auf ihrem furiosen Debütalbum "Singing Off"
(Graduate/Virgin; 1980) mit "Madam Medusa" ein 13-minütiges Statement
gegen Margaret Thatcher und schrieben sich die Wut gegen die Unvernunft
der Menschheit vom Leib ("The Earth Dies Screaming") und sangen gegen
den Hunger ("Food For Thought"). Das, freilich, ist schon länger her,
denn UB 40 generierten sich 1979 aus der britischen Punk-Bewegung rund
um The Clash bzw. aus der Two Tone-Ska-Szene von "The Specials", "The
Selecters" und "Madness", wobei UB 40 stilistisch ausnahmslos der
Reggaemusik treu blieb. Und auch das Nachfolgealbum "Present Arms" bzw.
die Dub-Version davon "Present Arms In Dub" (beide 1981; DEP
International/Virgin; von da an veröffentlichten sie nur noch bei
dieser Labelgruppe; Anm.) enthielt mit "One in Ten" eine herausragende
Komposition, stürzten in kommerzieller Hinsicht mit dem dritten Album
"UB 44" jedoch ab, um sich dann - im Nachhinein muss man ein "leider"
hinzufügen - mit dem Coverversionenalbum "Labour Of Love" aus dem Jahr
1983 auf die Spitze der Weltcharts zu begeben.
"Leider" deshalb, weil es ja nicht bei einem "Labour Of Love" blieb. In
den Jahren 1989 und 1998 folgten Teil 2 und Teil 3. Hollywood ließ
grüßen. Zwischen diesen Alben gab es darüber hinaus auch nichts
wirklich nennenswertes - okay, mal abgesehen von diversen Duetten, so
z.B. in "I Got You Babe" mit der Sängerin von "The Pretenders",
Chrissie Hynde, oder "I'll be your Baby tonight" mit dem mittlerweile
verstorbenen Robert Palmer, die zumindest Anflüge von Charme besaßen
und weniger peinlich klangen als es hätte sein können. Nun, wie auch
immer.
Mit
"Who You Fighting For" legt UB 40 jedenfalls nach langer Zeit erneut
ein sozialkritisches Album vor, auf dem nur eine (verzichtbare)
Coverversion ("Kiss And Say Goodbye"; ja, ja, genau diese Schnulze von
"The Manhattans") von fünf Coverversionen bei insgesamt 13 Liedern
vertreten ist. Soundmäßig erlaubte sich die Band ebenfalls zurück zu
ihren Wurzeln zu gehen. Heraus kamen dabei - abzüglich der erwähnten
Coverversion - ein Dutzend zum Großteil hausgemachter Ohrschmankerln
mit überraschenden sehr auf den Punkt gebrachten Texten zu den großen
Themen Globalisierung, Geld, Religionen, Angst und Terrorismus.
Hervorstechend das mitreißende "Sins of the Fathers", sowie der
Titeltrack, deren Hooklines im Gehirn haften bleiben und mit
komprimierter, kompromissloser Lyrik überzeugen, mit Textzeilen wie
"Queen and country, freedom cry/God and glory, do or die/Propaganda,
spin and lie/Who are you fighting for". Gelungen ist aber auch das
völlig unpolitische "Good Situation", ein Original von Herman
Davis/Russell Lewis über die Schüchternheit, in dem es heißt "It's been
a long time sweet darling/Since love has come my way/But I'm trying so
hard/To find the right words to say". Die Bläsersektion von UB 40
stellt auf diesem Album unterm Dirigat von Brian Travers ihr ganzes
Können unter Beweis, sticht hervor ohne sich in den Vordergrund zu
blasen, die Rhythmustruppe unterstützt vehement die Melodien, und der
wohl bekannte UB 40-Gesang emotionalisiert die Texte mit nasalem Charme
und Überzeugungskraft. All diese Kombinationen machen aus "Who You
Fighting For" ein sensibles Album mit hohem Anspruch, und wer aus gutem
Grunde vor dem Namen UB 40 in den letzten Jahrzehnten zurückschreckte,
sollte sich dennoch auf dieses Album einlassen, denn "Who You Fighting
For?" ist ein rundum gelungenes, gutes, Reggaealbum. Sie werden
überrascht sein. (Manfred Horak)
CD-Tipp:
UB 40 - Who You Fighting For?
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Musik: @@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: DEP International/Virgin-EMI (2005)
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