Nach "Try Me" (2010) und "Feel Me" (2012) folgt mit "Tell Me" (2014) der dritte gloriose Streich der international konkurrenzfähigen österreichischen Sängerin Meena Cryle. Darauf zu hören sind, erstmals gemeinsam mit The Chris Fillmore Band, 12 packende Rock-Songs mit Blues-Feeling ohne Ablaufdatum.

Eine Band setzt sich durch und begeistert mit Musik, die Emotionen weckt. Musik, die mit jeder Pore Akkord Leidenschaft vermittelt. "Tell Me", das dritte Album von Meena Cryle und das erste gemeinsam mit der fabelhaften Chris Fillmore Band ist ein überzeugendes Beispiel, dass gute Rockmusik keinen Modeerscheinungen hinterher hecheln braucht. Im Gegensatz zu den ersten beiden Alben (auf denen zum Großteil Sessionmusiker zu hören waren) erhielt nun Meena Cryle & The Chris Fillmore Band endlich die Chance ihr eigenes Ding in der jahrelang eingespielten Stammformation zu machen. Das Resultat ist ein Album mit enorm langfristigem Effekt. Solcherart Alben wird man einfach nicht müde zu hören, nicht heute und nicht morgen (stellvertretend für die nächsten Jahre). Einzige Grundbedingung: Man sollte halt dem Blues-Rock zugeneigt sein, oder zumindest keine Ausschläge davon bekommen. Elvis Presley und John Lee Hooker sind im Booklet dezidiert als Inspiration angeführt, was aber bei weitem nicht bedeutet, dass Meena Cryle & The Chris Fillmore Band irgendwelche Copycats sind. Die Band ist auch keine Coverversionen-Band wie z.B. anno dazumal Ostbahn Kurti & Die Chefpartie. Auf "Tell Me" wird (erstmals ausschließlich) das eigene Liedgut gepflegt und (von Beginn an) ein originäres Soundbild geschaffen. Die Folgen daraus: Man erkennt Meena Cryle & The Chris Fillmore Band sofort. Dass sie an dieser Kompromisslosigkeit nicht scheitern, liegt wiederum daran, dass die Protagonisten eben auch verdammt gute Musiker sind. Zwei Frauen und zwei Männer bilden dabei das Stamm-Quartett, namentlich Meena (Gesang, akustische Gitarre), Marlene Lacherstorfer (E-Bass), Chris (Gitarren), Frank Cortez (Drums). Als Gäste fungieren außerdem Carl Kaye (Pedal Steel Guitar), Roland und Brigitte Guggenbichler (Hammond Organ bzw. Backing Vocals), sowie der Produzent Raphael Tschernuth (Upright Bass). Zu hören bekommt man schweißende Rock-Titel und so manchen L'Amour-Hatscher, eine Vielzahl an eingängigen Melodien und ein virtuos-gekonntes Handwerk an den Instrumenten. Große Momente finden sich in jedem Song, daher werfen wir gleich mal einen Blick in die 12 Tracks rein.

Die Heizer kommen

Das Album startet mit dem Einheizer take this pressure off of me, einem unwiderstehlichen Rocker mit super Licks und einer ersten Ahnung, was die Band so alles drauf hat. Der Druck muss schließlich weg, denn erst dann kann man einmal kräftig durchatmen. In Song #2, bring me the water, wird zunächst einmal genau das getan. Herausragend das Slide-Gitarren-Intro (Wüste. Hitze. Durst.) und der Aufbau des Songs vom bluesigen Schleicher bis hin zu diesem grandiosen Refrain. Ja, das hat doch Hit-Potenzial, denkt man sich, zumindest verdient es sich Airplay, Quote hin, Quote her. Das Know-how für Hooklines und den Drang zur Melodiösität haben sie jedenfalls drauf. Der nachfolgende Titelsong ist dann das, was man gemeinhin durchaus als L'Amour-Hatscher durchgehen lassen kann. Meena ist hier die sanfte Stimme, die Soul-Sängerin par excellence, und spätestens bei 1:54 min, wenn Chris sein Gitarrensolo auspackt ist man dem Song vollkommen ausgeliefert. Schweißtreibendes wiederum folgt den nackten Gefühlen. enough is enough ist eine wütende, hart rockende Abrechnung. Anders formuliert: Ungefilterte Emotionen, "motherfucker". Eine relative Annäherung an John Lee Hooker hören wir hernach in i beg you, und einmal mehr vollbringt Fillmore mit seinen Gitarrenströmen wahre Wunder. In give it back durchwandert die Band quietschvergnügt die Beale Street in Memphis, während in this is my will hymnenhaft Stimmungen ausgelotet werden. Ein Prachtstück an Musik, ohne Zaudern intim, Leidenschaft bis zum Abwinken, ohne Angst damit einen Ohrwurm zu entfachen. In verschiedenen Berichten über die Band kann man immer wieder davon lesen, dass sie ihre eigene Nische gefunden haben, wenn ich mir allerdings Lieder wie you don't know anhöre (um in der Chronologie der Liedabfolge zu bleiben), bin ich über solcherlei Aussagen doch einigermaßen verwundert, ihre Musik als Nischenmusik abzutun. Meena Cryle & The Chris Fillmore Band ist eine - ich wiederhole mich gerne - verdammt gute Rock-Band. In den USA werden sie zwar weiterhin als Exoten betrachtet, aber auch nur, weil sie ihre Ösi-Herkunft nicht verschweigen. Mit diesem Album setzen sich Meena Cryle & The Chris Fillmore Band nämlich nicht in eine Nische, sondern schafften (musikalisch, möglicherweise auch in kommerzieller Hinsicht; man wird sehen) den Sprung in die Liga der Rockexzellenzen. Dorthin, wo niemand fragt, woher man kommt. Dass sie freilich nicht nur gepflegt schweißen können, sondern auch die Langsamkeit intus haben, beweist die Band im beseelt versoffenen i've been drinking und im Gefühlsbetrunkenen baby, goodbye. Eins der schönsten Lieder des Albums ist Nummer 11, where is your love gone, auf dem die Band ihre herkömmlichen Instrumente gegen Waschbrett, Flaschen und Tamburin austauscht. Der Rausschmeißer des Albums schließlich, you may love me today, ist zugleich das kürzeste Lied des Albums, umgesetzt auf akustischer Gitarre und dieser Gänsehauterzeugenden Stimme von Meena. Tut euch was Gutes, kauft dieses Album. //

Text: Manfred Horak
Foto: Ruf Rec.

CD-Tipp:
Meena Cryle & The Chris Fillmore Band: Tell Me
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Ruf Records (2014)