Mit seiner neuen hervorragenden Band im Nacken präsentierte Ringsgwandl am 9.11.2013 im Museumsquartier Wien, Halle E, sein großartiges Album "Mehr Glanz!" und bescherte dem Publikum einmal mehr eine exquisite Performance.
In den letzten Jahren unterzog Georg Ringsgwandl seiner Musik zunehmend einer Verjüngungskur, was zunächst einmal in der Wahl seiner Bandmusiker auffällt, zugleich nicht nur den neuen Liedern eine besondere Strahlkraft verleiht, sondern auch den Ringsgwandl-Klassikern einen frischen Teint verpasst. Tommy Baldu, der Mann hinterm Schlagzeug erklomm beim Wien-Konzert als Erster die Bühne, nach ein paar Takten stieß Sebastian Flach dazu, der Mann am Moog, E- und Kontrabass. Als Dritter im Bunde stieg Daniel Stelter an den Gitarren, Dobro und Mandoline ins Geschehen ein, bis schließlich der Meister der verreckten Geschichten mit einer papierenen Tasche im Rampenlicht auftauchte, Georg Ringsgwandl.
Schräge Eleganz
Mit "Schmeiß den Typen naus" aus dem aktuellen Album "Mehr Glanz!" holte er sich das Publikum in bewährter Manier ab. Schräge Eleganz und muskulöse Musik, die mit vielen Feinheiten verziert die Richtung der nächsten zwei Stunden angaben. Ringsgwandl wurde vor etlichen Jahren von der SZ als bayerischer Bob Dylan beschrieben, und zumindest in einer Hinsicht muss man diesem Vergleich Recht geben, nämlich, dass Ringsgwandl live, wie Dylan, die Lieder dermaßen umkrempelt, das es sich alleine von daher lohnt Ringsgwandl regelmäßig live zu sehen. Abgesehen davon gelang Ringsgwandl mit seinem "Nix mitnehma" wohl eines der besten deutschsprachigen Cover-Versionen eines Dylan-Songs ("Gotta Serve Somebody"), der übrigens am Ende des Konzerts eine fulminante Reinkarnation erfuhr. Ein anderer ganz Großer aus der deutschsprachigen Musik-Kabarett-Szene, Rainald Grebe, meinte einmal mir gegenüber in einem Interview, dass Ringsgwandl den Blues nach Deutschland brachte. Nun, diese Aussage mag vielleicht etwas übertrieben sein - was Ringsgwandl dazu meinte, kann man in diesem Interview nachhören - aber wie gut Ringsgwandl den Blues beherrscht - und mit wie viel Gefühl ihn seine Band umzusetzen vermag - bewies das Kollektiv in "I hob nur di". Freilich, textinhaltlich ist es nur ein sudern [dt. jammern, sich pausenlos beschweren; Anm.], das dafür auf höchstem Niveau, wenn er z.B. singt: "Mich fragt keine Firma, ob ich Reklame mach für sie / ich bin so schwer vermittelbar, i hob nur di." Dieser Slow Blues vom neuen Album hat Grandezza und Stelter an der E-Gitarre hebt dieses Liedjuwel - live noch mehr als auf Tonträger - auf ein verdammt hohes Podest.
Mehr als nur Diener des Herrn
Die Band, die sehr jazzorientiert werkt ist eine Größe für sich, sie sind also viel mehr als nur Diener des Herrn. Ringsgwandl lässt ihnen genug Spielraum, damit sich die Drei entfalten können. Pause hat die Band nur dann, wenn Ringsgwandl den Geschichtenerzähler aus sich heraus holt und in seinen mit Spontaneität gewürzten Erzählungen ein ganzes Labyrinth durchläuft, um zur Pointe zu kommen. Die erste Geschichte galt denn auch gerade dieser musikalischen Verjüngungskur, die er sich unterzog und im Zuge dessen auch sein Outfit auf den neuesten Stand bringen musste. Beraten ließ er sich dabei von einem türkischen Modeverkäufer mit Bachelor-Abschluss, was bei einer Ringsgwandl Geschichte natürlich nur zu einer herrlich derben Situationskomik führen kann. Von Schrägheit geprägt und kongenial waren später auch jene Momente, als Ringsgwandl am Keyboard frei improvisierte und dazu als schriller Opernsänger zum Wahnwitz auflief. Aus einem dieser - äh, Arien - erhob sich schließlich eine unglaubliche Version von "Hühnerarsch, sei wachsam" (aus: "Vogelwild", 1992). Als überaus wachsam erwies sich hier auch die Band als Chorsänger - von Ringsgwandl salopp aufgefordert und brachial gelobt, und die sich darüber hinaus auf ihren Instrumenten mit feinsten Nuancen ins Spiel brachte. Da war er dann also wieder, der Blues, und das muss man halt einfach hören, wie das abgeht und wie das aufgeht. Gleich danach, es lebe die musikalische Vielfalt, schob Ringsgwandl und Band eine kolossale Neuversion von "Leben ois wiara Kuah" (aus: "Der schärfste Gang", 2006) nach. Diese radikale Erneuerung des Liedes galoppierte im atmosphärischen Funk-Dickicht der Talking Heads, quasi "Life During Wartime" auf bayrisch, und tatsächlich drehte Ringsgwandl wie David Byrne im Kinofilm "Stop Making Sense" eine Laufrunde um seine Band. Weitere Höhepunkte des Konzerts am 9.11.2013 im Wiener Museumsquartier, Halle E: Der "Heavy Metal Landler" und "Nix mitnehma" (beide aus: "Trulla! Trulla!", 1989), die Hardrock-Version von "Gartennazi" (aus: "Gache Wurzn", 2001), eine herrlich federnde Version von "Armes, kleines Unterhoserl" (aus: "Der Gaudibursch vom Hindukusch", 1996), sowie jede Menge glänzende Neuvarianten vom Album "Mehr Glanz!", nämlich "So geht's net", "Wärmetod", "Discoqueen", "Ruhm und Glanz" und der Titelsong. Ringsgwandl live ist ein einziger Höhenflug, eine Lebensweisheitsunterhaltungskunst für alle Umstände, ein Humoranarchiegebräu mit originellem Singer-Songwriter-Sensor und einem originären musikalischen Ausdruck, irgendwo angesiedelt zwischen Jazz, Folk, Rock und Stubnmusi, kurzum, ein Solitär in der deutschsprachigen Musiklandschaft. (Manfred Horak)
CD-Tipp:
Ringsgwandl: Mehr Glanz!
Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: Blanko Musik / Sony Music (2013)