Der in Graz lebende Singer-Songwriter Ripoff Raskolnikov zählt zu den authentischsten Vertretern des Genres. Seine Bewunderung für die Blues-Größen der ersten Stunde wie Blind Willie McTell, Skip James, Robert Johnson und John Lee Hooker findet Ausdruck in seinen eigenen Songs. Robert Fischer sprach mit ihm über seine aktuelle CD "Lenin Street", die von Georg Altziebler (Son Of The Velvet Rat) produziert wurde.
Kulturwoche.at: Wie und wo ist deine neue CD "Lenin Street" entstanden?
Ripoff Raskolnikov: Das ist wirklich eine besondere Geschichte. Georg Altziebler, vielleicht besser bekannt als Son Of The Velvet Rat, hat vor nicht allzu langer Zeit seinen Proberaum zu einem Studio umgebaut, die Red Chamber. Georg und ich kennen uns schon sehr lange, und ich wusste, dass er meine Musik sehr schätzt. Irgendwann in einem Gespräch ist dann die Idee aufgekommen, dass er gerne seine Lieblingsongs von mir gerne neu aufnehmen würde. In ganz einfachen Arrangements und mit abgespeckten retro-mäßigen Equipment. Er hat mich auch vorgewarnt, dass er dann als Produzent seinen Senf dazugeben wird, um seine persönlichen Vorstellungen einzubringen. Und so haben wir es dann gemacht. Die Aufnahmen sind schon im Sommer 2011 passiert. Das war immer sehr interessant, weil es draußen meistens 35 Grad gehabt hat, und im Keller nie mehr als 15! Sprich, ich bin jedes Mal im T-Shirt angereist, musste aber auch den Pullover im Gepäck haben (schmunzelt)!
Wie viele Songs habt ihr bei diesen Sessions im Red Chamber aufgenommen?
Ungefähr 20, und aus denen haben wir dann ein bisschen ausgewählt, um Lenin Street zusammenzustellen. Später haben wir noch bei manchen Songs andere Instrumente hinzugefügt, was gar nicht so einfach war, weil ich meistens zu Beginn die Songs 1:1 ohne Click nur mit Gitarre und Stimme eingesungen habe. Anders wäre das einfacher gewesen, aber es war halt so. Deshalb ist die CD auch schön zweigeteilt: bei ca. der Hälfte der Songs bin nur ich, meine Stimme und Gitarre, zu hören, und auf dem Rest sind noch weitere Instrumente dabei.
Und das, was ihr aufgenommen habt, war sozusagen Georgs persönliche Best Of-Liste von dir?
Ja. Das sind Nummern, die teilweise auch schon auf früheren CDs von mir drauf waren. Trotzdem sind diese neuen Versionen ziemlich anders, weil Georg teilweise wirklich gravierend seine Ideen dazu eingebracht hat. Z.B. sind zwei Nummern auf dem Album, die ich normalerweise im 4/4-Takt gespielt hätte, und er meinte, ich soll sie einmal im 3/4-Takt probieren. Wir haben teilweise auch andere Tonarten probiert. Manchmal dachte ich wirklich, ich kenne für einen bestimmten Song die Tonart, die für mich am besten ist. Aber siehe da, es gab noch eine bessere!
Wie hat sich Georg als Produzent in den Aufnahmeprozess eingebracht?
Georg hat seine Ideen immer auf eine sehr angenehme Art eingebracht, es gab keine Konflikte oder sonstige Ego-Clashes! Es kann ja wirklich durchaus bereichernd sein, wenn dir einmal jemand, der sich auskennt, Tipps gibt und seine Meinung sagt. Ich fand das echt gut, weil man selbst oft einen sehr engen Horizont hat. Man hat seine eigenen Vorstellungen aber die müssen ja nicht immer stimmen. Zumal ich auch der Typ bin, der für einen Song, den er schreibt, kein komplett fertiges Konzept hätte, sondern für mich besteht ein Song letztlich aus einer Akkordfolge und einem Text. Manche Leute wissen beim Schreiben ja gleich ganz genau, welche Instrumente sie dabei haben wollen bzw. das Arrangement sein soll, aber diese Fähigkeit habe ich eigentlich nicht. So gesehen war der Input von Georg sehr hilfreich.
Wie bist du selbst zur Musik gekommen? Mittlerweile bist du ja ein alter Hase im Geschäft, aber wie waren deine Anfänge?
Eigentlich bin ich durch die Zeit, in der ich aufgewachsen bin, dazu gestoßen worden. Als angehender Jung-Hippie wollte ich einfach nicht irgendeinen braven Job machen, und habe bemerkt, dass es mit ein wenig Straßenmusik möglich ist, Geld zu verdienen. Bin also eher über diese Schiene reingerutscht, es war auf keinen Fall so, dass ich gesagt hätte, ich muss unbedingt Profi-Musiker werden und verkaufe mein letztes Hemd dafür (schmunzelt)! Das war eher umgekehrt. Ich hatte einfach keinen Bock, um sechs in der Früh aufzustehen und irgendeine depperte Hack'n zu machen. Und die Musik hat sich mit der Zeit so ein bisschen als Möglichkeit angeboten, diesen Traum zu verwirklichen.
Was waren musikalisch deine wichtigsten Einflüsse?
So als passiver Musikhörer in der Teenagerzeit habe ich schon das gehört, was damals aktuell war, also Rolling Stones, Jimi Hendrix, etc. Und über den Umweg der auf dem Blues basierenden Musik der 1960er Jahre bin ich dann auch zu den Blues-Musikern der 1930er Jahre gekommen. Und die Liebe zu dieser Musik prägt mich wahrscheinlich bis heute. Heutzutage höre ich aber viel weniger Musik als früher. Es vergehen ganze Tage, wo ich mit anderen Dingen beschäftigt bin, und dabei Musik hören könnte, aber ich komme gar nicht auf die Idee dazu. Keine Ahnung warum das so ist. Dann gibt es aber auch wieder Perioden, wo ich sehr viel Musik höre. Das ist bei mir sehr unterschiedlich.
Was sind deine nächsten Pläne?
Das ist ein bissl ein schwieriges Thema bei mir, weil ich kein großer Planer bin. Ich kann dieses Thema anhand meiner verschiedenen Tonträger sehr gut beleuchten. Mit einer oder zwei Ausnahmen sind alle meine bisherigen CDs bzw LPs so entstanden, dass jemand zu mir gesagt hat: Komm, jetzt machen wir etwas! Im Prinzip war es mit der neuen CD ja genauso. Auch meine aktuelle Band ist zusammengekommen, weil ich damals einen Haufen neuer Songs hatte, die ich aufnehmen wollte und Musiker dafür suchte. Das war die CD Everything Is Temporary von 2006. Mit den Leuten, die ich dann ins Studio eingeladen habe, war die Stimmung so gut, dass daraus meine Band entstanden ist. Später ist dann auch noch eine zweite CD in dieser Besetzung aufgenommen worden. Alles andere, was ich jemals gemacht habe, ist eher zufällig meines Weges gekommen und ich glaube, das ist ein bisschen mein Naturell (schmunzelt)!
Interview: Robert Leopold Fischer
Foto: Lucy Lynn
CD-Tipp:
Ripoff Raskalnikov: Lenin Street
Label/Vertrieb: Lindo Records / Hoanzl (2012)
Link-Tipp:
Ripoff Raskalnikov (Webseite)
Live-Tipp:
18.1.2013, Davis, Kürschnergasse 9, 1210 Wien (Beginn: 20:30 Uhr)