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jacky-terrasson-gouacheEin vergnügliches und über weite Teile rasantes Jazz-Album liefert der Pianist Jacky Terrasson mit "Gouache" ab, eingespielt mit Jazz-Größen wie Michel Portal und Stephane Belmondo. Zehn Stücke, die zu entdecken es sich lohnt.

Die Vorzüge der lasierenden Aquarellfarbe und die der zähflüssigen Ölfarbe vereint das wasserlösliche Farbmittel Gouache. Was seit dem 15. Jahrhundert in der Malerei vorzüglich klappt, sei es bei Raffael, Tizian und Dürer bis hin zu den modernen Gouache-Malern wie Henri Matisse, Marc Chagall und Paul Wunderlich, klappt mitunter auch in der Musik, vornehmlich dann wenn sich Jazz-Musiker an Pop- oder Klassik-Adaptionen ranmachen. Hier alles aufzulisten ist freilich schier unmöglich. Die Speerspitze der Palette wenn man so will reicht von Jacques Loussiers Bach-Einspielungen ("Play Bach"; 1959) bis hin zu Miles Davis Vision Pop-Songs von Cindy Lauper ("Time after Time") und Michael Jackson ("Human Nature") in den Jazz zu bringen (nachzuhören auf "You're Under Arrest" von 1985). Fielen bei Miles Davis die Reaktionen seitens der Jazz-Kritik noch sehr heftig, also negativ, aus, ist es heute gang und gäbe Pop-Songs zu verjazzen, sodass sogar die ewig nörgelnden Jazz-Polizisten nicht umhin kommen, diese Weiterentwicklung mit versöhnlichen Worten zu kommentieren. So, und jetzt also erneut auch der in Berlin geborene französisch-amerikanische Jazz-Pianist Jacky Terrasson, der auf "Gouache" Jazz-Interpretationen von Amy Winehouse, Justin Bieber und John Lennon abliefert. Musikalische Unterstützung erhält Terrasson dabei u.a. von Michel Portal, Stéphane Belmondo, Minino Garay und der Sängerin Cecile McLorin-Salvant. All das klingt an der Oberfläche samten-matt (ein typischer Gouache-Effekt eben) und knapp darunter (wenn man also näher hinhört, was unbedingt getan werden sollte) brodelt es heftig. Zudem ist "Gouache" klangtechnisch ein echtes Gustostück - auf guten HiFi-Anlagen entfaltet sich jedenfalls der Reiz seiner Musik um ein Vielfaches. Dieses hohe Niveau an klangtechnischer Rafinesse ist quasi ein zusätzlicher Bonus, denn eine audiophile Qualität ist ja nur dann wirklich interessant, wenn auch das musikalische Niveau hoch ist. "Gouache" bietet glücklicherweise beides: Das Zusammenspiel zwischen Jacky Terrasson (Piano, Fender Rhodes), Burniss Earl Travis II (Kontrabass, E-Bass) und Justin Faulkner (Drums) ist schlichtweg grandios - hört nur mal, was sie aus "Rehab" von Amy Winehouse oder aus "Valse Hot" von Sonny Rollins machen - und wenn zum Trio dann auch noch die Bassklarinette von Michel Portal und Flügelhorn bzw. Trompete von Stephane Belmondo dazu kommt bleiben soundso keine Wünsche mehr offen. Da hört man dann pulsierenden Beschleunigungsjazz wie in den Terrasson-Kompositionen "Gouache" oder in "Try To Catch Me" und überhaupt insgesamt zehn Ohrenweiden. Dementsprechend exzellent sind auch die Gesangseinlagen von Cecile McLorin-Salvant, z.B. in der Komposition "Je Te Veux" von Eric Satie oder in der Lennon-Nummer "Oh My Love". Nach dem letzten Track (dem alten Hadern "C'est Si Bon") bleibt das Gefühl zurück, dass "Gouache" ein Jazz-Album auf der Höhe der Zeit ist und generell, dass sich ein Leben ohne Jazz eigentlich nicht lohnt. (Manfred Horak)

CD-Tipp:
Jacky Terrasson: Gouache
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: Universal Music (2012)

Live-Tipp:
Jacky Terrasson Trio live beim Salzburger Jazzherbst
3.11.2012 (Beginn: 22 Uhr), Stiegl-Brauwelt

Link-Tipp:
Jacky Terrasson