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the_more_or_the_less_c_herbert_winklerDie Salzburger Band The More or The Less veröffentlichte im Frühjahr 2012 ihr neues, großartiges zweites Album auf Lindo Records und sind von Mai an auf Österreich-Tour. Robert Fischer sprach mit dem TMOTL-Sänger/Gitarrist Tobias Pötzelsberger über die Entstehungsgeschichte von "Keep Calm".

Kulturwoche.at: Wie bist du zur Musik gekommen?

Tobias Pötzelsberger: Durch Eric Clapton und meine Mutter. Die liebe Mama hat mir eine Gitarre geschenkt, als ich 12 Jahre alt war, damit ich noch etwas Anspruchsvolleres als Blockflöte lerne. Die Klampfe hat mich anfangs nur mäßig begeistert, aber das hat sich schlagartig geändert, als ich Eric Claptons "Unplugged" entdeckt habe. Die Aufnahme hat mich sehr 'geflasht', sehr inspiriert und auch das nötige Feuer geliefert - ich wollte diese Songs unbedingt selbst spielen können. Und dann habe ich zu üben begonnen. Ein paar Jahre später war ich dann Mitglied der Rockband "On Wings To Kashmir", mit der wir den Austrian Band Contest gewonnen haben. Und vor ungefähr zehn Jahren habe ich meine ersten eigenen Songs geschrieben. Die sind freilich unter Verschluss (schmunzelt).

Was wolltest du auf der neuen CD "Keep Calm" im Gegensatz zu eurem Debütalbum [We, the People, 2009; Anm.] verändern?

Das erste Album "We, the People" war sehr inwendig, bewusst sparsam arrangiert und ruhig. Bei "Keep Calm" wollte ich einfach ein paar Schritte weiter gehen und die Facetten nutzen, die eine komplette Band bietet - die Gruppe hat ja erst kurz nach dem ersten Album zusammengefunden. Mir war es wichtig, mehr Farben und Schattierungen auf die neue Platte zu bringen und auch ein wenig lauter zu werden. Ich wollte das Konzept "The More Or The Less" einfach ein wenig ausweiten.

Auf dem Cover von "Keep Calm" sind große Berge zu sehen. Hat das eine bestimmte Bedeutung?

Die Berge sind eine Übersetzung eines Grundmotivs, das auf dem Album vorherrscht: Die Tatsache, dass im Leben Glück und Unglück nah beieinander liegen und Licht und Schatten manchmal sehr rasch wechseln können. Deshalb hilft es ja in den allermeisten Situationen einfach nur, ruhig zu bleiben - "Keep Calm". Die Berge stellen für mich ein sehr passendes Motiv dar. Sie können wunderschön sein, aber auch bedrohlich, etwa bei Unfällen. Und die Wolken auf dem Coverbild könnten ein herannahendes Gewitter darstellen - oder ein Donnerwetter, das sich gerade auflöst. So ist das Cover zu verstehen.

Was sind die wichtigsten Themen der Songs auf "Keep Calm"?

Wie gesagt: Die Nähe von Licht und Schatten im Leben, das Wechselspiel - mal ist man ganz weit oben, dann ganz weit unten. Und der wichtige Gedanke, dass man als Mensch nur ein sehr kleines Rad ist - was wir aber oft vergessen.

Ich habe gelesen, das Eröffnungslied "Oh, Santiago" ist von einem Erdbeben in Chile, bei dem du selbst dabei warst, inspiriert. Was ist da genau passiert?

Im Februar 2010 war ich mit Freunden auf einer privaten Südamerikareise. In der Nacht vor dem Heimflug hat uns dann dieses Erdbeben erschüttert, das ja bekanntlich eines der schwersten der Weltgeschichte war. Wir waren in einem Hotel im zweiten Stock und sind natürlich komplett in Panik geraten während des Bebens - wie alle anderen rund um uns auch. Das Nachbarhaus ist in sich zusammengefallen, die Wand gegenüber unserer Tür wurde einfach weggerissen - und dann kamen ziemlich starke Nachbeben, immer und immer wieder. Das alles in einem Land am anderen Ende der Welt - nicht sehr lustig. Davon handelt "Oh, Santiago" - gerade mit dem Grollen am Anfang und den folgenden Schlägen wollte ich das Erdbeben darstellen - weil es eben genau so war, erst fast nicht spürbar und dann sehr heftig.

Wie entstehen deine Songs?


Ohne Druck. Ich verlasse mich eigentlich darauf, dass die Lieder zu mir kommen, wenn es so weit ist. Der Ursprung liegt eigentlich immer in Themen und Geschichten, über die ich stolpere - sei es ein Erdbeben oder der Umgang mit einem Schicksalsschlag oder einfach nur der unbändige Wunsch nach unbeschwerter Zeit. Das findet sich alles auf "Keep Calm". Dann setze ich mich hin, überlege, wie ich ein Thema am besten musikalisch auf der Gitarre umsetzen könnte und singe in einer Nonsens-Fantasiesprache dazu. Ein Mix aus Englisch und Deutsch ist das, eher schräg (schmunzelt). Texte schreibe ich immer erst ganz am Schluss, wenn alles schon ein wenig gereift ist.

"Mr. Undertaker" hat ein ungewöhnliches Thema, es geht um einen Totengräber. Wie kam es dazu?

"Mr Undertaker" ist entstanden, als ich vor meinem Haus einen Totengräber mit seinem Wagen gesehen habe, der da irgendwas erledigt hat - Jause kaufen oder so, etwas ganz Banales jedenfalls. Aber ich stand da an meinem Fenster und bin einfach ins Grübeln gekommen: Was macht der Mann da unten mal mit mir?

Wie lange habt ihr an "Keep Calm" gearbeitet?

Die Aufnahmen haben ungefähr ein Jahr gedauert, währenddessen habe ich auch noch zwei, drei Songs neu geschrieben. Der Großteil stand aber schon fest, ein paar Lieder habe ich auch wieder runtergenommen. Wir nehmen immer im Late Hour Studio in Salzburg-Aigen bei meinem großartigen Freund Harry Mörth auf, der sich auch gern Zeit lässt mit einer Produktion und viel Liebe hineinsteckt. Alle in der Band sind ja auch berufstätig und da dauern manche Sachen dann schon etwas länger. Aber der wesentlichste Grund für diese vergleichsweise langen Aufnahmen war einfach, dass wir viel ausprobiert haben, herumarrangiert und alles mit Bedacht machen wollten. Die Band hat kurz nach der Veröffentlichung von "We, the People" zusammengefunden, das war Anfang 2009. Jetzt spiele ich mit Frank Wendtner (Piano), Hannes Gappmaier (Drums), Mandi Blühweis (Bass) und Dominic Muhrer (Gitarre, Gesang) zusammen.

Du hast "Keep Calm" auch selbst produziert - ist das schwierig, sich selbst zu produzieren?

Nein, das ist war nicht schwierig für mich, das ist eigentlich der einzige Weg für mich. Ich will bei der Produktion meiner Lieder einfach das letzte Wort haben und die Richtung vorgeben können. Die tontechnische Arbeit hat Harry Mörth gemacht, da ist er der Chef.

Als einer deiner wichtigen Einflüsse/Vorbilder hast du einmal Ron Sexsmith angegeben. Was gefällt dir an seiner Musik?

Ron Sexsmith ist einfach mein größter musikalischer Held - das hört man meiner eigenen Musik vielleicht nicht unbedingt an, aber mir gefällt einfach so sehr, wie der Mann mit Harmonien umgeht, welche Leichtigkeit seine Texte besitzen und die Wärme, die aus all seinen Songs strahlt. Für mich einer der größten Songwriter ever. Allerdings würde ich ihm noch mehr Erfolg vergönnen, er ist immer noch eine Art Geheimtipp, völlig unverständlich - seine Lieder brauchen meiner Meinung nach den Vergleich mit jenen der Beatles nicht scheuen.

Was sind deine nächsten Pläne?

Wir spielen jetzt noch einige Konzerte, machen dann im Sommer ein bißl Pause und veröffentlichen das Album im September 2012 in Deutschland. Im November gibt es dann Konzerte in halb Deutschland.

Welche drei persönlichen Dinge hast du immer mit, wen du auf Tour gehst?


Hustenbonbons, viel zu viele Plektren und Musik für unterwegs (schmunzelt).

Danke für das Interview!

(Text und Interview: Robert Fischer; Foto: Herbert Winkler)

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Link-Tipps:
The More or The Less
When We Happen To Collide (Video)
 
Live-Tipp:
26.5.2012, Villach / Kulturhofkeller