Musik macht sie glücklich, und ihre Musik macht garantiert auch andere glücklich. Violetta Parisini startete 2010 mit ihrem Debüt-Album durch und legt im späten Vorfrühling 2012 das begeisternde Nachfolgealbum "Open Secrets" nach. Robert Fischer traf die Sängerin, Pianistin und Komponistin zu einem ausführlichen Gespräch, das wir in zwei Teilen veröffentlichen. Hier nun Teil 1.
Kulturwoche.at: Vor kurzem ist Deine neue CD "Open Secrets" erschienen. Man sagt ja, dass die zweite CD viel schwieriger ist, als die erste. Wie hast du das erlebt?
Violetta Parisini: Gegenteilig! Ich fand, die zweite CD zu machen, war viel einfacher als die erste, weil die erste CD [Giving You My Heart To Mend; 2010; Anm.] für mich eine große Suche war. Eine Suche nach Stilen und nach dem was ich sagen bzw. darstellen will, während mir bei der neuen CD schon viel klarer war, worum es mir geht.
War also auch der ganze Aufnahmeprozess leichter?
Violetta Parisini: Ja. Es war vielleicht nicht leichter, aber ich wusste, wo ich hin will. Und das wusste ich bei der ersten CD nicht.
Stimmt der Eindruck, dass sich auch der Sound etwas geändert hat? Bei "Giving You My Heart to Mend" bzw. auf der folgenden Tour zur Debüt-CD war die Gitarre noch mehr tonangebend.
Violetta Parisini: Das ist eine spannende Frage. Es ist schon so, dass das neue Album viel mehr auf Klavier basiert, weil ich die neuen Songs auch alle am Klavier geschrieben habe. Beim Vorgänger haben wir noch einige Lieder gemeinsam "erjammt", und da hat Florian [Cojocaru; Produzent; Anm.] Gitarre gespielt, und darum war es klar, dass für diese Songs die Gitarre die Basis war. Das hat sich jetzt total geändert.
Wie lange habt ihr an der neuen CD gearbeitet?
Violetta Parisini: Lange nicht so lange wie an der ersten. Es war so ca. ein halbes Jahr, mit einigen Unterbrechungen. Dass man ein halbes Jahr komplett nur an einer CD arbeitet, geht ja eigentlich überhaupt nicht, weil man muss ja auch von etwas Leben, Konzerte spielen, andere Sachen machen, etc. Trotzdem haben wir schon die meiste Zeit sehr intensiv gearbeitet. Also so ein halbes Jahr, wobei ich vieles schon vorher geschrieben hatte. Wie lange der Schreibprozess für die neuen Lieder gedauert hat, kann ich gar nicht genau sagen, aber sicher mindestens eineinhalb bis zwei Jahre. Ich habe ja schon zur der Zeit, als "Giving You My Heart..." im Mai 2010 veröffentlicht wurde, Songs für die nächste CD geschrieben. Die waren damals natürlich noch nicht fertig, aber schon "im Brutkasten" (schmunzelt).
Letztendlich sind auf der neuen CD elf neue Songs drauf. Hattest du bei den Aufnahmen mehr Lieder zur Verfügung, und hast Du dann einige weggelassen oder gab es nur diese elf?
Violetta Parisini: Es gab eine unendliche Vielzahl an halben Liedern. Welche dann fertig geschrieben werden: da ist einem dann halt das eine Thema wichtiger, da hat man schon länger daran gearbeitet oder Florian Cojocaru, mein Produzent, hat ab und zu auch gesagt: Dieses Lied will ich unbedingt haben, mach das fertig! So ist das dann entstanden.
Warum hast Du die CD "Open Secrets" benannt?
Violetta Parisini: Die Phrase kommt in einem der Songtexte vor, in "Defy Control", gegen Ende, und ich fand den Titel auch fürs ganze Album passend: weil es in einigen der Songs um Themen geht, die nicht immer offen ausgesprochen werden, aber doch vielen Leuten wichtig sind, z.B. der Refrain von "See", oder das Kontrollverlustthema in "I Want It All / To Not Be True".
Mich würde auch noch der Hintergrund zum Song "Defy Control" interessieren.
Violetta Parisini: Ja, das ist wahrscheinlich das gesellschaftskritischste Stück auf dem Album. Nein, es gibt auch andere Lieder mit gesellschaftskritischen Themen, aber das wo ich am offensten den Veränderungswillen thematisiere. Ich sage in dem Song, dass wir alle wissen, wie man die Welt im Kleinen verändern könnte, wir haben alle unsere Vorstellungen, aber wir müssen es auch tun bzw. uns darüber bewusst werden. Außerdem gibt es da einfach noch sehr viel zu lernen. Wenn man sich die Gesellschaft ansieht, und viele Dinge sieht, die einen zur Verzweiflung bringen, kann man sich ja auch, anstatt zu resignieren, darüber Gedanken machen, wie man es ändern könnte. Es geht in dem Song definitiv darum: 1. wir müssen unsere Gedanken in unsere eigenen Hände nehmen und 2. solange wir uns berieseln lassen und uns von anderen sagen lassen, was wir tun sollen, wird sich nichts ändern. Und solange wir irgendwelche Schundblätter lesen, wo verkürzte Informationen drinstehen, die überhaupt nichts mit uns bzw. der Wahrheit bzw. mit den Tatsachen zu tun haben, wie sollen wir da was verändern? Wir müssen uns selber informieren, selber nachdenken, selber fühlen.
Die Aufnahme von "Defy Control" klingt gelegentlich wie eine Live-Aufnahme. Habt ihr das bei einem Konzert mitgeschnitten?
Violetta Parisini: Nein, das ist nicht live, sondern wir haben eine Schulklasse von 10- bis 14-jährigen ins Studio zum Mitsingen eingeladen. Das sind keine ausgebildeten Sänger, aber gerade das finde ich oft spannend bzw. interessant zum Zuhören. Keine Ahnung mehr, wer die Idee dazu gehabt hat, aber bei einer Produktion blubbern jede Menge solcher Ideen aus uns heraus. Und am Schluss weiß man dann gar nicht mehr, von wem diese oder jene Idee war. Kann gut sein, dass sich Florian das ausgedacht hat.
Lustig finde ich den ziemlich kurzen Song "My Own Portable Home", der nur knapp über eine Minute dauert. Warum nur so kurz?
Violetta Parisini: Ja, da habe ich mir auch gedacht: Oje, das ist ja noch kein ganzes Lied! Aber es ist in dieser Kürze alles gesagt, was man sagen muss. Alles was man dazu erzählt, müsste eine neue Geschichte aufmachen, sozusagen. Und das schien mir nicht sinnvoll bzw. notwendig. Das Lied lebt von dieser kurzen und prägnanten Feststellung.
Interview Teil 2
Interview: Robert Fischer
Foto: Anita Schmidt
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Violetta Parisini