mozartband_teaserWolfgang Staribacher über Klassik, Mozart, Instrumentenkombinationen und Cross-Over.

Mozartische Klangwelt zu vertiefen und diese stilsicher in die Gegenwart zu bringen. Mozartische Kompositionen in eine gegenwärtige Cross-Over-Mentalität zu rücken, auf klassischen Instrumenten funky Grooves mit Jazz- und Rockanleihen zu verknüpfen und dennoch die Sensibilität der klassischen Vorgaben zu wahren, ist ein Wagnis, bei dem bereits einige scheiterten. Wolfgang Staribachers Mozartband ließ sich für dieses Projekt einige Jahre Zeit, um die notwendige Reife zu erlangen. Der Keyboarder und Akkordeonist probierte mit ca. 70 Musikern und weit mehr als 20 verschiedenen Instrumentenkombinationen den richtigen Sound und Soul dieser Musik zu finden – und wurde fündig. Manfred Horak traf Wolfgang Staribacher in seinem Domizil zu einem ausführlichen Gespräch.

Wolfgang Staribacher über Klassik

mozartband_staribacher_nilz_boehmeKlassik ist mir äußerst suspekt. Das strenge und hierarchische, der Starkult um Dirigenten und Musiker, die immer "Orchesterschakeln" sind, ist nicht wirklich attraktiv. Barockmusik gefällt mir, aber alles, was mit einem großen Orchesterapparat passiert, mag ich nicht. Unglaublich berührt hat mich eine Hornkonzert-Aufnahme mit Harnoncourt. Das ist für mich zutiefst österreichisch. Das habe ich sofort verstanden, und irgendwie auch überhaupt nicht. Ich habe daraufhin begonnen, Mozartische Kompositionen am Akkordeon zu spielen und funky klingen zu lassen.

Wolfgang Staribacher über Mozart

Mozart war bei seinen frühen Sinfonien ein Teenager, ein Rock’n’Roller. Das war purster Rock’n’Roll, der Bass groovt auf einem Ton "eight to the bar". Wie ich das zum ersten Mal hörte, wusste ich sofort, dass man das von der Energie her mit einer Band spielen muss. Ich hab das immer als sprudelnde Rhythmik gesehen. "Il Re Pastore" ist für mich ein typischer Mozart: Schnell hingeschriebene Kompositionen mit um so tolleren, eingängigen Melodien.

Wolfgang Staribacher über Instrumentenkombinationen

Vieles schied aus Klanggründen aus. Wenn man zum Beispiel ein Tenorsaxophon in einen solchen akustischen Kontext integriert, klingt das wie Rock in den 50er Jahren. Bei der Klarinette war das Problem, dass in Kombination mit dem Akkordeon die Musik zu sehr in die Nähe von Wienermusik und Heurigenklischee rückt. Ich probierte mit 70 Musikern über 25 Instrumente. Meine Anforderung war, dass Musiker nicht nur klassische Instrumente spielen, sondern auch improvisieren können. Gleichzeitig war aber auch wichtig, Klassik nicht zu modernisieren, und einfach irgend etwas drüberzustülpen, weil diese Musik eh schon so farbenreich und komplex ist. Wenn noch eine Rhythmik draufgesetzt wird, ist das zu viel. Das stört mich zum Beispiel bei Vanessa Mae und anderen – dort sind viel zu viele Klangeindrücke. Man muss versuchen, die Klassik wieder zu vereinfachen.

Wolfgang Staribacher über Cross-Over

mozartbandMeistens funktioniert das mit einem einfachen Prinzip: Basierend auf dem Themenmaterial der Klassik wird drüberimprovisiert. Die jeweilige Improvisation passiert im eigenen Idiom. Diesen Bruch empfinde ich als extrem störend. Eine absolut geglückte Fusion schaffte ansatzweise der Neapolitaner Pino Daniele, der immer beide Ebenen gleichzeitig spürbar machte. Das ist eben das Schwierige im Cross-Over. Die Tonsprache in der Klassik, die notwendig ist, um sich improvisatorisch zu bewegen ist eine ganz andere, die auf Jazzkonservatorien gelernt oder in der Volksmusik beherrscht werden. In Klassik – mit Ausnahme von Kirchenmusik – gibt es keinen improvisatorischen Kontext. Wenn du diese "Sprache" improvisieren möchtest, dann musst du sie nicht nur beherrschen und deklamieren, sondern, du musst sie so intus haben, dass du sie träumen kannst. Nur dann hat man diese schlafwandlerische Sicherheit, dass die Finger automatisch dorthin gehen, wo sie unbewusst hingehören. Diese Kultur ist in der Klassik leider völlig verloren gegangen. (Manfred Horak)

Link-Tipp:
www.mozart.im.augarten.org

CD-Tipp:
Mozartband - Soul (Sony BMG)