Mit ihrem Solo-Album "Telecoteco" hat sich Paula Morelenbaum auf die Suche nach den musikalischen Wurzeln der Bossa Nova begeben und interpretiert Songs und Ohrwürmer voll geschmeidiger Eleganz.
"Telecoteco" ist aber weit mehr als eine bloße Hommage an den Bossa Nova bzw. an Antonio Carlos Jobim. So werden neben den klassischen Instrumenten wie Cello, Klavier und Gitarre, auch elektronische Stilmittel wie Drum-Machine und Scratches verwendet. Dass der Zusammenhang zu Bossa Nova nicht verloren geht ist ein großer Verdienst der Brasilianerin, was aber wiederum wenig überraschend ist, denn immerhin wird die Sängerin seit vielen Jahren als große brasilianische Bossa Nova Instanz geschätzt, nicht zuletzt, weil sie bereits als Vokalistin in der Formation von Antonio Carlos Jobim große Erfolge feiern konnte. Im Zuge ihrer Musik-Recherchen bzw. -Erfahrungen machte sie noch einen weiteren wichtigen Einfluss auf die Entstehung des Bossa Nova aus: Klassik. Mag vielleicht viele überraschen, hat aber einen soliden Hintergrund, denn Jobim hörte viel klassische Musik, vor allem Debussy und Chopin. Dennoch - es hätte ja leicht passieren können - wurde es kein kopflastiges Album, sondern ein immens beseeltes, spielerisch verführendes. Ungemein entspannt nimmt uns Paula Morelenbaum mit an die Copacabana und interpretiert Songs und Ohrwürmer voll geschmeidiger Eleganz. Die leichte Melancholie, die Sanftmut und die Ergriffenheit in ihrem Gesang vermengen sich dabei bestens mit den neuen musikalischen Stilmitteln und kitzeln den alten Liedern neue Aspekte heraus. Paula Morelenbaum über die Entstehung des Albums: "'Telecoteco' ist ein lautmalerisches Wort und bezieht sich auf den Tambourin-Sound. 'Telecoteco' ist ein alter Song aus den 1940er Jahren. In diesem Lied singt eine Frau: 'Mein Mann ist erst heute Morgen gekommen und er hat Tambourin gespielt.' Dieser Samba ist sehr typisch für diese Zeit. Wenn der Mann erst morgens nach Hause kam, wechselte die Frau das Schloss aus und sagte: 'Komm bloß nicht mehr heim'. Heute sind die Menschen anders. Meine Idee war: Ich wollte mich ein bisschen aus dem Standard Bossa Nova Bereich herausbewegen, den jeder kennt. Ich bin ja viel herumgereist, auch in Europa, und überall werden wir mit Bossa Nova verbunden, aber Bossa Nova kann alles sein - The Beatles oder Robert Schumann. Es hängt davon ab, wie Sie das hören, und natürlich von den Arrangements. Wir haben viel elektronisches Equipment verwendet. Wir leben nun mal im 21. Jahrhundert und wir haben all diese Möglichkeiten. Wir können auf all diese Effekte zurückgreifen, die es in den 40er und 50er Jahren noch nicht gab. Ich habe diese elektronischen Elemente wie ein Instrument verwendet, wir haben die Stimme verfremdet und hie und da Delays eingesetzt. Für mich ist es eine komische Vorstellung heutzutage ein rein akustisches Album aufzunehmen, auch wenn ich akustische Musik mag." Leicht und federnd wie die Musik ist übrigens auch die Cover-Gestaltung, auf der neben einem Glas Dry Martini plus Olivengarnitur die Sängerin wie unter Wasser zu schweben scheint. Die Farben Blau und Grün beziehen sich dabei auf die Farbe dieser Musik, und, wie Paula Morelenbaum meint: "Das hat etwas Magisches und auch etwas Ätherisches. Ich lebe in Rio de Janeiro. Von meinem Haus aus habe ich Blick auf die Lagune und den botanischen Garten und das Meer. Es ist sehr schön. Ich sehe die Berge und der Corcovado mit der Christus Figur drauf steht direkt vor meinem Haus." Ausgangspunkt auf dem Album sind also die brasilianische Popularmusik der 1940er/50er Jahre, wie z.B. das Lied "Nao Me Diga Adeus", ein Song, der in den 1940er Jahren erschien und in dieser Zeit die Karnevalshymne war. Sehr gut kommt auch der Song "O Samba E O Tango", den die Sängerin gemeinsam mit der argentinischen Band Bajofondo einspielte und in den 1930er Jahren ein Hit von Carmen Miranda war. Prinzipiell gilt: Alte und moderne Stilelemente erleben hier eine reizvolle Verquickung. (Manfred Horak)
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