Die Wiener Band Novi Sad feierte ihr 20-jähriges Jubiläum im Chelsea - dort, wo auch ihr erster Auftritt stattfand. Geboten wurde ein Querschnitt ihres bisherigen Schaffens, und diese Mischung zeigte nicht nur sehr gut den Werdegang der Band, sondern auch, dass ihre frühen Lieder nichts an Reiz verloren.
Gegen Ende des Konzerts schwebte Novi Sad flügelleicht davon, In The Air - Somewhere. Eine gute Viertelstunde lang draufhalten, oben bleiben, nur nicht nachgeben. Es gibt ja nix zu verlieren, daher immer schön fließen lassen, "feel the easiness / by floating through the air / and I will feel a new strength / by turning my back on the earth". Zu diesem Zeitpunkt haben sich die fünf Musiker - Evelyn Blumenau (Gesang, Mundharmonika), Paris 1914 aka Klaus Schuch (Gitarre), Manfred 'Moonday' Scharf (Akkordeon), Robert 'Wurli' Worel (Bass), St. Stephan (Schlagzeug) - längst schon in ihrem eigenen Soundsystem gefunden, in ihrer Welt der Ahnung und Gefühle. An diesem, ihrem Jubiläumsabend, erreichte die Band einen Reichtum, der so überhaupt nichts mit den gängigen Kapitalismusmechanismen zu tun hat. Diese Verbreitung von Magie hatte mehrere Gründe, der gewichtigste war sicherlich die Verwebung ihres Gesamtschaffens in deren Zeitgefühl von heute (was auch implizierte, das z.B. Lieder vom ersten Album, "Nuts and Berries", doppelt so lang dauerten wie im Original, da halb so schnell gespielt). Ein anderer war (zumindest für den Autor dieser Zeilen) das Zitieren aus der Musikgeschichte (Van Morrison, The Doors, Nick Drake), das sich - partiell - durch den ganzen Abend zog, innerhalb ihres eigenen Schaffens wie in "Hagazussa" [aus dem Album Rise; 2008; Anm.] oder anhand von Cover-Versionen. "Pink Moon" von Nick Drake kam - im Gegensatz der Langsamkeit ihrer älteren Lieder - fast schon wie eine Springflut daher und "When the Music's Over" von The Doors (mit der ewigen Gesangszeile "We want the world and we want it...NOW!") geriet schlicht und einfach zum Triumph. Erstaunlich, welche Töne hier Klaus Schuch seiner elektro-akustischen Gitarre hervorzulocken wusste, welchen psychedelisch ziselierten Orgel-Feinschliff Scharf aus dem Akkordeon balgte und wie sehr Blumenaus Gesang dem Lied neue Facetten abringen konnte. Gewinnbringend freilich auch die neuen Versionen älterer Lieder aus Eigenanbau Marke Novi Sad, wie in etwa "Settimana Prossima" (aus "Super oder Normal"; 1994) oder der Titelsong von "Europe's Other Side" (2003). Letzt genanntes mit Gastsängerin Katharina Wech von der Band jazz:mess, die mit Evelyn Blumenau bei mehreren Liedern bestens harmonierte, so u. a. auch bei "Pink Moon". Apropos Gäste: Da gab es einige, so neben Wech natürlich Erik 'Lützi' Glaser an der E-Gitarre, Josef Resch am Keyboard, Alexander Lehner am Saxofon und Stefan Tomaszovits an der Trompete. Die personelle Vergrößerung bedeutete auch ein noch schärferes Klangbild, was manchen Liedern besonders gut tat wie "Miracles", "Stereo Love" und "Majestic" mit Glasers Stromgitarrenwürzung oder das verhexende "Hagazussa" mit dem Bläserduo Tomaszovits und Lehner, sowie der große Pop-Moment in "Paulina" mit Wechs stimmlicher Sogwirkung und dem Keyboard-Spiel von Resch. Als süße Zugabe gab es eine Jubiläumstorte, was jedoch nachhaltig bleibt ist das Gefühl eine sehr gute Band aus Österreich bei einem sehr guten Konzert erlebt haben zu dürfen. (Text: Manfred Horak; Fotos: Novi Sad)
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