Sie hatten beide leichtes Spiel und gaben dennoch alles. Von Manfred Horak.
Eine wunderbare, absolut stressfreie Stimmung gab es diesmal beim freitägigen Auftaktabend vom Jazzfest Wiesen, was vielleicht auch daran lag, dass es nicht, wie üblich, g'steckt voll war. Als Höhepunkte des Festivaltages angekündigt wurden zwei Frauen, die beim jeweiligen Auftritt nicht unterschiedlicher hätten agieren können: Rebekka Bakken und Roisin Murphy.
Erstere präsentierte bei ihrem Auftritt etliche Lieder aus ihrem jüngsten Album "Is That You?" - ein Album, das unterschiedliche Kritiken einstecken musste. Derbe wie zarte. Die in Österreich lebende Norwegerin und ihre hervorragende Band spielten sich aber mit einiger Lockerheit weitgehend in die Herzen des Publikums, was auch daran lag, dass Rebekka und Band offensichtlich ihren Spaß hatten und auch mit dem Publikum in direkte Kommunikation trat. Hinzu kam, dass die Band mittlerweile in die Lieder reinwuchs und sich so genügend Platz halten konnten für diverse Soli, die freilich genutzt wurden, so auch von Rebekka selbst, die erneut mit ihrer Stimmenvielfalt beeindruckte, quasi auf Stimmenfang ging. Bei manchen Liedern bohrten sie so lange bis sie tatsächlich die Tiefe des Songs fanden - heraus kam dann beinahe schon so etwas Ähnliches wie Rock. Die Temperaturen jedenfalls waren dabei bereits siedend. Je siedender, desto mehr bedankte sich das Publikum. Rebekka Bakken ist noch lange nicht am Ende ihres Weges angelangt, kann aber bereits auf ein solides Liedrepertoire aus Eigenbau zurückgreifen, was ja nicht ganz unwichtig ist, um weiter wachsen zu können. Edel.
Roisin Murphy hatte es trotz des gelungenen und stürmisch bejubelten Auftritts von Rebekka Bakken dennoch nicht schwer, ebenfalls das Publikum zu gewinnen. Dazu war sie und ihre personell deutlich größere Band vom Charakter her zu unterschiedlich, auch wenn man beide Sängerinnen natürlich aufgrund ihrer Gesangsstimme vergleichen könnte, was an dieser Stelle aber sicher nicht der Fall sein wird.Die ehemalige Sängerin von Moloko - dies eine weitere Gemeinsamkeit mit der Norwegerin - hat mit Jazz jedenfalls genauso viel am Hut wie Rebekka Bakkens Auftritt, also ziemlich wenig, und die paar Spurenelemente wurden entweder elektronisch weggeblasen, oder als Klischee benützt. Gewandete sich Bakken in Weiß um dabei auch zu bleiben, wechselte Frau Murphy hingegen ein paar Mal die Gewänder, und einmal sogar die Schuhe, um einen Stepptanz hinzulegen. Verschnaufpause gab es bei Murphy kaum, sie peitschte sich und das Publikum durch ihr Up-Tempo-Repertoire, was letzten Endes ein wenig zu viel des Guten war, aber da sie es offenbar auf Skurrilität anlegt, war diese abgefahrene wilde Mischung aus Tanzmusik mit elektronischen Versatzstücken und steilen Bläsersätzen gerade das Richtige für einen regenfreien Abend in Wiesen. (Manfred Horak; Foto Rebekka Bakken: Mario Smolka; Foto Roisin Murphy: Edel Music)