Hochprozentige Gypsy-Brass-Musik zum gelungenen Auftakt des Festivals Balkan Fever 2005.
Das Eröffnungskonzert in der Szene Wien vom ein Monat dauernden Festival "Balkan Fever" erlitt wie nicht anders zu erwarten einen großen Publikumsandrang und löste ob der Darbietung von Karandila eine beinahe restlose Begeisterung aus. Dass Karandila die besten im Genre der Gypsy-Brass-Orchestras sind, wie im Pressetext zu lesen ist, halte ich dennoch für eine leichte Übertreibung, alleine schon ob der Vielzahl existierender ... aber egal, die Band aus dem bulgarischen Sliven ist die personifizierte Umsetzung expressionistischer Spielweise, ihre Spielwiese wiederum begründet sich auf der traditionellen Hochzeitsmusik genauso wie in der Ausdrucksform von Nomadenhymnen. Alles freilich strikt losgelöst von etwaigen intellektuellen Ansprüchen, die ja diese Art von Muntermachermusik soundso meistens nur ins lachhaft akademische rückt. Im Gegenteil, sie spielten nach dem Prinzip des Loslassens, was Karandila perfekt beherrscht. Dass dabei nicht jeder Ton an der richtigen Stelle saß ist klar, rückte das Ganze aber nur noch mehr in eine vergnügliche Schräglage.
Der Spannungsbogen des gesamten Konzerts blieb fast immer aufrecht, da das vertrackte Spiel des zehnköpfigen Ensembles Karandila nicht nur im turbobrassigen "wir können noch schneller, noch lauter, noch wilder, noch was immer sie wollen" steckenblieb, sondern, sicherlich auch dank der zwei Gastsänger Celia Mara und Big John, für überraschende Momente sorgten, deren man sich gerne noch länger erinnern wird wollen. Passte sich Celia Mara noch mehr der Gypsy Brass Band an, zeigte der recht unbekannte Sänger Big John, wie eine Gypsy Brass Band auch klingen kann. Nämlich wie eine Funk-Band, die irgendeinem amerikanischen Großstadtghetto gerade noch rechtzeitig entflohen ist, oder, andersrum, als ob Maceo Parker in Gypsy Brass-Fantasien eintauchen würde. Donny Hathaways "The Ghetto" jedenfalls kam gemeinsam mit Big John zu Gehör und was sich da entwickelte war gelungenes Cross-Over. Alleine dieser Live-Moment machte das Konzert zu einem besonderen, magischen, Ereignis. (Manfred Horak)