Das Gespräch drehte sich, wie meistens wenn ich mit ihr
sprach, um Musik. Nicht zuletzt wegen Angies aktuellem
Lieblingsbeschäftigungsfeld. Neben den letzten Zügen des Wirtschafsstudiums
spielt die junge Frau nämlich Bassgitarre in einer äußerst ambitionierten
Progressive-Rockband.
"Hör Dir mal das neue Album von Mars Volta an."
"Ehh, Mars Volta. Wahrscheinlich schwer verdaulich, wie
immer."
So, oder ähnlich hörte sich der Beginn dieser kleinen
Plauderei an. Nur kannte zu diesem Zeitpunkt die gute Angie eben
"Octahedron" noch nicht, das nun doch alles etwas anders klingt. Zwar ziert das
Plattencover, wie meist, ein sehenswerter farbintensiver Surrealismus des
Künstlers Jeff Jordan, aber für ihr neues Werk haben die beiden Protagonisten
sonst übliche, die normalen Hörgewohnheiten strapazierende Overdubs und
anstrengende Gitarreneffekte auf ein zweckdienliches Maß reduziert. Acht Songs - die Zahl 8 ist in China eine Glückszahl - stehen hier für den gelungenen
Versuch dem mainstreamlastigen Musikkonsumenten, so er sein dafür geschaffenes
Organ bereitwillig zur Verfügung stellt, experimentierfreudige Tonkost näher zu
bringen.
Wer zu Beginn des kaum wahrnehmbaren Openers "Since We've Been Wrong"
noch glaubt die musikalische Reise würde in den üblichen Brachialgewalten
vergangener Ausflüge ufern, sieht sich schon bald eines anderen belehrt.
Sanfter, fast zirpender Gesang (Bixler-Zavala) baut sich zu harmonischen
Gitarrensäulen (Rodriguez-Lopez), die an beste King-Crimson- oder Yes-Zeiten
erinnern auf, um sich über "Teflon" bis zu dem spacigen Einläuten harter, aber
nicht aus dem Ruder laufender Drums bei "Halo Of Nembutals" zu Piranesi-artigen
Windungen umzustrukturieren. Wer immer noch vergeblich auf erwartete
Tonleiter-Odysseen hofft, kann sich mit "With Twilight As My Guide" trösten.
Endlich öffnen sich aus psychedelischem Plätschern verschiedenartige
Klangsphären, aber immer wieder führen die kurzen Improvisationsausflüge in die
Grundstruktur zurück, um später härteren Varianten des Themas "Cotopaxi" und "Desperate Graves" Platz zu machen. Hitkompatibel und Monopolradiotauglich,
aber dennoch großartig, oder gerade deshalb heliozentriert uns "Copernicus".
Wären Crosby, Stills, Nash & Young (bzw. Buffalo Springfield und The Byrds)
Prog-Musiker ihrer Zeit, sie hätten solche Songs geschrieben. So erübrigt sich
denn auch die vielerorts diskutierte Frage nach dem Warum. Warum haben The Mars
Volta den Pfad der ausufernden Improvisation verlassen? Auf dem werden sie
hoffentlich auch weiterhin mit ihrer filigranen Leichtigkeit anlässlich in
Erinnerung bleibender Live-Konzerte wandeln. Freuen wir uns lieber, dass sich
nun auch dem gemeinen Hitparadenhörer die Möglichkeit eröffnet in die Tiefen
des innovativen Hörgenusses einzutauchen. (Andreas Probst)
CD-Tipp:
The Mars Volta - Octahedron
Musik: @@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Mercury/Universal (2009)
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