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mars-volta-octahedronVon Cedric Bixler-Zavala und Omar Alfredo Rodriguez-Lopez im Jahr 2001 gegründet präsentierte sich The Mars Volta von Beginn an als experimentelle Rockband mexikanisch-puertoricanischer Herkunft, berühmt-berüchtigt für grenz- und zeitlose Ausflüge in uferlose Improvisationsgefilde. Nun liegt mit "Octahedron" das fünfte Studioalbum der Band vor.



Das Gespräch drehte sich, wie meistens wenn ich mit ihr sprach, um Musik. Nicht zuletzt wegen Angies aktuellem Lieblingsbeschäftigungsfeld. Neben den letzten Zügen des Wirtschafsstudiums spielt die junge Frau nämlich Bassgitarre in einer äußerst ambitionierten Progressive-Rockband.
"Hör Dir mal das neue Album von Mars Volta an."
"Ehh, Mars Volta. Wahrscheinlich schwer verdaulich, wie immer."

So, oder ähnlich hörte sich der Beginn dieser kleinen Plauderei an. Nur kannte zu diesem Zeitpunkt die gute Angie eben "Octahedron" noch nicht, das nun doch alles etwas anders klingt. Zwar ziert das Plattencover, wie meist, ein sehenswerter farbintensiver Surrealismus des Künstlers Jeff Jordan, aber für ihr neues Werk haben die beiden Protagonisten sonst übliche, die normalen Hörgewohnheiten strapazierende Overdubs und anstrengende Gitarreneffekte auf ein zweckdienliches Maß reduziert. Acht Songs - die Zahl 8 ist in China eine Glückszahl - stehen hier für den gelungenen Versuch dem mainstreamlastigen Musikkonsumenten, so er sein dafür geschaffenes Organ bereitwillig zur Verfügung stellt, experimentierfreudige Tonkost näher zu bringen.

Wer zu Beginn des kaum wahrnehmbaren Openers "Since We've Been Wrong" noch glaubt die musikalische Reise würde in den üblichen Brachialgewalten vergangener Ausflüge ufern, sieht sich schon bald eines anderen belehrt. Sanfter, fast zirpender Gesang (Bixler-Zavala) baut sich zu harmonischen Gitarrensäulen (Rodriguez-Lopez), die an beste King-Crimson- oder Yes-Zeiten erinnern auf, um sich über "Teflon" bis zu dem spacigen Einläuten harter, aber nicht aus dem Ruder laufender Drums bei "Halo Of Nembutals" zu Piranesi-artigen Windungen umzustrukturieren. Wer immer noch vergeblich auf erwartete Tonleiter-Odysseen hofft, kann sich mit "With Twilight As My Guide" trösten. Endlich öffnen sich aus psychedelischem Plätschern verschiedenartige Klangsphären, aber immer wieder führen die kurzen Improvisationsausflüge in die Grundstruktur zurück, um später härteren Varianten des Themas "Cotopaxi" und "Desperate Graves" Platz zu machen. Hitkompatibel und Monopolradiotauglich, aber dennoch großartig, oder gerade deshalb heliozentriert uns "Copernicus". Wären Crosby, Stills, Nash & Young (bzw. Buffalo Springfield und The Byrds) Prog-Musiker ihrer Zeit, sie hätten solche Songs geschrieben. So erübrigt sich denn auch die vielerorts diskutierte Frage nach dem Warum. Warum haben The Mars Volta den Pfad der ausufernden Improvisation verlassen? Auf dem werden sie hoffentlich auch weiterhin mit ihrer filigranen Leichtigkeit anlässlich in Erinnerung bleibender Live-Konzerte wandeln. Freuen wir uns lieber, dass sich nun auch dem gemeinen Hitparadenhörer die Möglichkeit eröffnet in die Tiefen des innovativen Hörgenusses einzutauchen. (Andreas Probst)

CD-Tipp:
The Mars Volta - Octahedron
Musik: @@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Mercury/Universal (2009)
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