Nach mainstreamigen Kate Perrys, Duffys und Veronicas, die bei aller Berechtigung ihren musikalischen Tiefgang spätestens bei der Live-Performance aufgeben, und nicht halten können was die Konserve verspricht, nun zur künstlerischen Erbauung mit Gehalt - die Noisettes aus London mit ihrem zweiten Longplay-Album "Wild Young Hearts".
Schon mit ihrer EP "Three Moods of the Noisettes" vom April 2005 können sich Sängerin und Bassistin Shingai Shoniwa, Gitarrist Dan Smith und Drummer Jamie Morrison eine kleine, aber elitäre Fanbase aufbauen. Wenn zu denen Schwergewichte wie Muse, Bloc Party oder Meister Pete Doherty - bei allen waren die Noisettes als Vorgruppe umtriebig - gehören, ist die Erfolgsebene schon geglättet. So unterschreibt die Band beim Major-Label Universal. Das Ergebnis, ein bizarres Debütalbum ("What's the Time Mr. Wolf"; 2007) mit einem Mix aus Glam- und Punkrock übertrifft alle Erwartungen und macht neugierig auf mehr. Jegliche Neugierde wird in Form des zweiten Longplayers "Wild Young Hearts" gestillt. Das Trio zeigt sich nun abgeklärter, souliger und mit spleenigen Ausflügen zum Planet Disco. Die Stimme der Frontfrau steht nun noch mehr im Vordergrund und hat sich ganz in Richtung Soul entwickelt, ohne ihre rockige Seite zu verleugnen. Schon der Opener "Sometimes", dezent von akustischer Gitarre, Besendrum und Orgel umrahmt, lässt kribbelndes Interesse aufkommen. An William Blake erinnernde Texte wie "I am an island underneath a setting sun / In an ocean that is churning / For all I know there might be nobody nearby / But still the world keeps on turning", erregen Vorfreude auf das weitere Libretto. Zu souligen Höhenflügen lädt dann "Don't Upset The Rhythm" ein, und der Titelsong selbst ist ein smashender Ausflug in die ewigen Rockgefilde. So geht es abwechslungsreich zwischen Pop, Soul und Rock weiter, bis der Song "Atticus" Affinität zur genialen Amy Winehouse wachruft. Phil Spector und die 1960er Jahre lassen in "Never Forget You" grüßen und "Saturday Night", ahnungsschwanger, wird zum Space Trip ins Synthie Dream Popland, das vor mehr als einem Vierteljahrhundert die Musiklandschaft heimsuchte. Ausklingend ziehen die Noisettes bei "Cheap Kicks" nochmals sämtliche Register ihres Könnens und heben zum ultimativen Höhenflug ab. So rundet sich das Album zum unkomplizierten Kunstwerk musikalischer Genialität zwischen Debbie Harry, Gwen Stefani und Shirley Bassey ab, bei dem Füllwerk zwischen den einzelnen Hit-Singles ein Fremdwort ist. Mit Recht kann das Londoner Trio, wenn man Freund gehbehinderter Vergleiche sein will, Anspruch auf den Titel "Englische Antwort" auf die großen Yeah Yeah Yeahs geltend machen. (Andreas Probst)
CD-Tipp:
Noisettes - Wild Young Hearts
Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: Mercury Records/Universal (2009)