Da haben sie sich fünf Jahre lang Zeit gelassen für ein neues Album, und dann veröffentlichen Die Strottern nur wenige Monate nach "I gabat ois" gleich noch einen Tonträger, diesmal gemeinsam mit der Jazzwerkstatt Wien. "Elegant" ist nicht nur der Titel der CD, sondern auch das zu Gehör gebrachte.
So oft ich das Album auch höre (und ich höre es oft, sehr oft), so oft erinnere ich mich dabei an ein Zitat von Peter Paul Skrepek, der über die Veröffentlichung der DVD Falco Symphonic anmerkte, dass dies ein Beispiel sei, "was hierzulande möglich ist, wenn alle können wollen dürfen." Das trifft geradewegs auch auf das Album "Elegant" zu, denn hier können wollen dürfen sich zehn Lieder im Wiener Jazz-Dialekt bisweilen in ungeahnte Höhen schrauben, dass es nur so eine Freude ist. Diese hier praktizierte Selbstverständlichkeit hebt die Kunst der Wiener Ästhetik auf eine neue Qualitätsebene (möglicherweise bringt es auch eine neue Qualität in Sachen Wahrnehmung).
"i bin sea stoiz / hip hip hurra / ein hoch den jungen künsdlan"
Man ist ja geneigt diesbezüglich nur in Superlativen zu schreiben, alleine weil jedes der zehn Lieder eine Größe besitzt, die ohne Größenwahn auskommt und dennoch klarstellt wer in der hiesigen Musikszene alles und jeden an die Wand zu spielen imstande ist. Neben den Strottern Klemens Lendl (Gesang, Violine) und David Müller (Gesang, Gitarre, Singende Säge) setzen sich acht Musiker aus der Jazzwerkstatt Wien in Szene, nämlich Martin Eberle (Trompete, Flügelhorn), Daniel Riegler (Posaune), Clemens Salesny (Altsaxofon, Bassklarinette, Klarinette), Wolfgang Schiftner (Alt- und Tenorsaxofon, Flöte, Bassklarinette), Clemens Wenger (Klavier, Keyboards, Harmonium), Peter Rom (E-Gitarre), Bernd Satzinger (Kontrabass) und Lukas König (Schlagzeug, Perkussion).
Wie man an dieser Besetzung und an der Instrumentenkombination bereits erahnen kann ist musikalisch sehr viel möglich und sehr viel wird auch ausgeschöpft - der elektrifizierte Blues kommt genauso zur Geltung ("humanisten gstanzln") wie der ¾-Takt ("personalienwalzer"), Soul-Rock-Glamour ("elegant"), ästhetisierte Nacht-Weise ("wean, du schlofst"), Rock-Hymne ("gstuabm") und noch viel mehr - all das freilich immer mit der Option auf das Wienerlied und auf Jazz in all seinen Dimensionen.
"med ana grinan dintn / schick e da r zruck wos deins is"
Und dann noch das gesungene Wort. Karl Stirner, Klemens Lendl, Peter Ahorner, Christiane Beinl und Stefan Slupetzky sind die Text-Lieferanten. Anleihen bzw. Hommagen sind auch hier zu finden, z.B. jene an H.C. Artmann in "wia r e no quoat hob auf dii" von Beinl, die schwarze gegen die grüne Tinte austauschend, "weu menschn ned schwoazz wean / kennan / vua lauda woatn / nua de dintn / med dera wos s schreim". Ganz stark der Lendl-Text "personalienwalzer" am Ende des Albums, der sich musikalisch im Wienerlied-Schmalz-Klassiker "Heut kommen d'Engerln auf Urlaub nach Wien" von Ferry Wunsch, hier allerdings in sehr freier Form, auflöst. "Es ist nicht gut bestellt / um meine schöne Welt", heißt es am Anfang des Liedes. Und so klingt dann eben auch das Ende. Sehr nachhaltig. Ebenfalls eine Klasse für sich die Slupetzky-Vertonung "gstuabm" mit dem Stimmgewitter Augustin als Chor. Behauptung: Das Lied knüpft in originärer und origineller Weise gewissermaßen an die Glanzzeit von Drahdiwaberl an, als noch Franz Bilik mit dabei war ("Psychoterror", McRonalds Massaker). Masterpiece. Höhepunkte ohne Ende also, so auch z.B. der schwere Blues von Peter Rom im "humanisten gstanzln". Den Text gestanzt hat Karl Stirner. 10 Strophen statt 10 Gebote: "am sonntag a schnitzerl / im winter a haubm / an gsundn instinkt / statt an windign glaubm." Nicht zu vergessen das Titellied. Auch hier sind Musik (von Bernd Satzinger) und Text (von Peter Ahorner) auf Augenhöhe: "es glauben manche leute / dass was bessers san als mir / für die ghörn wir zur meute / uns jagt man höchstens vor die tür", heißt es, und: "elegant, elegant samma söba / und sekkant und sekkant sowieso". Klassikaner. //
Text: Manfred Horak
CD-Tipp:
Die Strottern & Jazzwerkstatt Wien - Elegant
Musik: @@@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: jazzwerkstatt records/crackshop (2009)