Das Wiener Konzerthaus, Porgy & Bess, sowie das Cafe Concerto waren die Orte des kulturtopographischen Verlangens, John Scofield, Franz Hautzingers Level 43 und die Roadie Rowdy Piper Band die Live-Bands von Folge 4.
9.3. Brother Ray
Kann Jazz-Gitarrist John Scofield die tollen Ray Charles-Interpretationen seiner letztjährigen
Tribute-CD „That’s What I Say“ auch gleichwertig auf die Bühne übertragen? Oder wird’s ein fader Abend, wenn die berühmten Gast-Vokalisten der CD wie Dr. John, Mavis Staples, oder Aaron Neville fehlen? Kurz gesagt: Leider ja!
Kurz nach 19.30 Uhr kommt der Meister samt 4-köpfiger Band auf die Bühne und heizt mit den drei legendären Charles-Hits „Mary Anne“, „I Got A Woman“ und „Hit The Road Jack“ ordentlich ein. Der große Saal im Konzerthaus ist gut gefüllt, und zwischen den Songs erzählt John Scofield, der sein Handwerk bei u.a. Miles Davis gelernt hat, witzige Anekdoten wie z. B. folgende: Als er „Hit The Road Jack“ 1960 im Alter von neun Jahren zum ersten Mal im Radio hörte, hielt er das Stück fälschlicherweise für einen Anti-Nixon Protest-Song, denn damals tobte in den U.S.A. gerade der legendäre Wahlkampf zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon.
Trotzdem kam mit Fortdauer des Konzerts wenig Stimmung im großen Saal auf.
Weiters irritierend: Vokalist Dean Bowman fühlt sich anscheinend unterfordert, warum sonst verlässt er aus unerfindlichen Gründen mehrmals während des Sets die Bühne? Schade drum, auf CD war das alles viel überzeugender und vielleicht wäre ein kleinerer Rahmen passender gewesen.
14.3. Level 43
Trompeter Franz Hautzinger mag die freie Improvisation und schräge Band-Formationen.
„Level 43“ ist sein aktuelles „Dream-Team“ der Improvisationsmusik-Szene und besteht aus den international renommierten Musikern Kazuhisa Uchihashi (Gitarre), Jarrod Gadwin (Trommel, Percussion) sowie Hayden Chisholm (Saxophon). Mit leisen, fast unhörbaren Trompetenseufzern von Franz Hautzinger startet das Konzert im Porgy & Bess ruhig und meditativ. Es entstehen soundtrackartige Musiklandschaften, erst langsam und bedächtig nehmen die vier Musiker in den meist über 20 Minuten langen Stücke Fahrt auf. Wunderbare Musik, um die Augen zu schließen und der Fantasie freien Lauf zu lassen. Oder einfach darüber staunen, was die Musiker teilweise auch auf ungewöhnliche Weise aus Ihren Instrumenten alles herausholen. Wenn Kazuhisa Uchihashi einen Geigen-Bogen über ein aufgespanntes Stück Holz zieht, und dabei tierähnliche Laute erzeugt. Oder wenn Jarrod Godwin den Rhythmus mit einem über dem Kopf geschwungenen Schlauch antreibt. Ein ungewöhnliches Konzert zum Genießen, dass nur die beiden überaktiven Fotografen links und rechts von mir (ich saß in der ersten Reihe) mit Ihrem Dauer-Klicken etwas störten.
15.3. Generalprobe am Gürtel
Vom Jazz-Club in den Felsenkeller. Eigentlich wollte ich „nur“ ein Seidel im gemütlichen Cafe Concerto am Lerchenfelder Gürtel trinken, platze dabei aber zufällig direkt in das „St. Patricks Day“-Konzert der Roadie Rowdy Piper Band hinein. Die Dauerbrenner der Wiener Irish Folk-Szene sind immer noch sehr gut beinander, und ließen fröhlich den Dudelsack, die Gitarre, die Geigen und das Banjo erklingen, um den irischen Nationalheiligen und Patron aller Trinker zu feiern. Ich war begeistert, weil ich schon längere Zeit keinen Irish Folk mehr gehört hatte, und zweitens bringt das Wiener Quartett diese Musik auch handwerklich formidabel, sowie mit viel Spielfreude rüber. Zudem mit Banjo-Spieler Brian O´Shea ja auch ein echter Ire mit an Bord ist. Egal, im Concerto wurde an diesen Mittwoch gelacht, getrunken, musiziert und auch getanzt, und es gelang der „RRPB“ mühelos, „St. Patricks“ um zwei Tage vorzuverlegen.
(Text und Fotos: Robert Fischer)