Der Duisburger Songwriter Danny Dziuk zeigt mit dem Album "Freche Tattoos auf blutjungen Bankiers" erneut sein großes Potenzial große Melodien mit wertvollen Texten zu verknüpfen.
Der Filmemacher Jean Renoir meinte einmal, "Kunst wirkt indirekt
wie Radar", und genau diese "Funk-Erkennung und -Abstandsmessung" [so die wissenschaftliche Definition; Anm.] findet man
zuhauf in den Texten von Danny Dziuk, so wie man sie auch in den Texten von Rio
Reiser, Tom Waits und Bob Dylan erkennen kann. Er ist ein Querdenker, ein
Unbequemer, weiß mit Ironie umzugehen und politische Texte zu schreiben, die
außerhalb eines Zeitrahmens stehen. Danny Dziuk ist Poet, sein künstlerisches
Schaffen hat Relevanz. In "Mein schönes Berlin" singt Dziuk über "freche Tattoos
auf blutjungen Bankiers", und über die Freizeit-Anarchos - "da ist ganz bestimmt
auch n künftiger Außenminister dabei" - und ihm blutet das Herz wenn er singt, "Rio
[Reiser; Anm.], wo bist du / come back, we all miss you / allein, dass du
siehst, wer / dein Reich jetzt verwest". Alleine an diesem Lied mit seinen acht
Strophen darf man eigentlich nicht herum. Ein Lied als Speerspitze eines
eindringlichen, intensiven Albums, das einem noch lange begleiten wird - der Winter
jedenfalls ist gerettet. "Könnt ich werden, was ich will / ich wär das Wetter im
April / jenseits von Vorhersehbarkeit / & auch von jeder blöden Zeit", singt
Danny Dziuk in "Zeit", wo die poetische Philosophie der abgehangenen Eckkneipenbesucher
eine neue Qualität erhält. Poetisch beginnt übrigens auch das Album mit dem
Lied "Wanderschatten", das Christof Stählins SAGO gewidmet ist [SAGO ist eine
freie Schule für Lieder in deutscher Sprache mit Sitz in Mainz, und kümmert
sich vor allem um die Texte der Lieder, weil es zwar viele musikalische,
aber kaum sprachliche Ausbildungsmöglichkeiten im Lande gibt; Anm.] "Als die
Sonne wie ein Riesen- / Feuerschiff im Meer versank / wurd der Schatten meiner
Süßen / mehr als zwanzig Meter lang." Musikalisch bewegt sich Dziuk und seine
Musikerfreunde ebenso sicher im breiten Feld des Songwriting-Genres, taucht in
tiefste Melancholie ein, groovt durch "Phatt in Taiwan" und rockt unanständig in
"Der mit der Gitarre". Die Schlüssellieder des Albums sind neben "Mein schönes
Berlin" das lyrisch-umwobene Weichen und der zornig-wuchtige Polit-Rocker "Halber Staat"
über den braunen Schlamm in der Gesellschaft mit all ihren "Hackfleischfressen"
mit "Erbsenhirngröße": "Halber Staat, Randgebiet / Plattenbau – Horst Wessel Lied
/ Eins Eins Null [Polizei-Notruf in Deutschland; Anm.], wer war der Held? / Wer
hat sich da seinen Sarg bestellt?" Bewegende Klangwelten eines
Ausnahmekünstlers aus Deutschland, dessen Album knapp hinter Sensationsstrom von Stoppok zum Album des Jahres der Liederbestenliste Deutschland gekürt wurde. (Manfred Horak)
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