Die Grundformation von Can bestand aus Malcolm Mooney als Sänger, Irmin Schmid an den Tasteninstrumenten, Holger Czukay am Bass und später dann an der Elektronik, Michael Karoli an der Gitarre, Jaki Liebezeit am Schlagzeug und Damo Suzuki, der ebenfalls als außergewöhnlicher Sänger in Erscheinung trat. In der bekannten, der klassischen, Besetzung fehlte dann Malcolm Mooney, der die Band verlassen hatte. Diese Formation bestand, mit diversen Veränderungen, bis 1978. Can sah sich nie als klassische Rock'n'Roll Formation was nicht weiters verwundert, kamen doch Holger Czukay und Irmin Schmid aus der zeitgenössischen Klassik, unter anderem hatten sie auch mit Karlheinz Stockhausen zusammengearbeitet. Der Gitarrist Michael Karoli hatte Erfahrungen mit den damals so genannten Beatgruppen und der Schlagzeuger Jaki Liebezeit konnte auf Erfahrungen mit Jazz, Free Jazz und improvisierte Musik verweisen. Trotz oder vor allem deshalb konnte Can mit "Spoon", einer Nummer die sie für einen Fernsehkrimi von Francis Durbridge ("Das Messer" galt als Straßenfeger) schrieben, zu Weltruhm gelangen. Ihr entscheidender Beitrag zur Musikgeschichte liegt darin, dass sie wie keine andere Band eine von der klassischen Liedstruktur unabhängige Ästhetik repetitiver Klangkompositionen entwickelten. Damit sind Can richtungweisend für die Musik der späten 1980er und 1990er Jahre. Insbesondere die elektronische Musik dieser Jahre (Ambient, Drum'n'Bass, Easy Listening) beruht auf den ästhetischen Innovationen von Can. Try and Error Michael Karoli ist bereits verstorben, Damo Suzuki und Irmin Schmid verschwanden im Nebel der Musikgeschichte, aber Jaki Liebezeit und Holger Czukay sind nach wie vor präsent. Jaki Liebezeit gastierte z.B. gemeinsam mit Burnt Friedman und Tim Motzer beim Jazzfestival Saalfelden 2007 und dort zeigten sie jenseits aller Genre-Erbsenzählerei - ob Dub, Jazz, Pop, Lounge oder Electronics - den Weg auf spannende Weise durch die Improvisationspfade in einem Dschungel der verblüffend komplexen Beats. Friedmans Projekte Flanger, Nu Dub Players, seine Arbeit bei Nine Horses oder als origineller Remixer zeigen, wie sehr bei ihm das präzis formulierte Detail im Zentrum steht: Musik von schierer Präzision für einen wachen Geist. Einen anderen Weg wählte Holger Czukay. Er widmete sich der Sound- und Klangmalerei und veröffentlichte in den vergangenen Jahren etliche Alben, meist in Zusammenarbeit mit anderen Musikern. Sein Credo lautet: "Technik als Medium, Geräusche als Kunst, Musik zur Völkerverbindung und als multikulturelle Performance" und für ihn zählte und zählt immer "Try and Error". Bewusst naiv jongliert er mit den Möglichkeiten der Soundgeneration, es entstehen bei seiner Arbeit "Fehler" und dann reift in ihm die Erkenntnis, dass diese Fehler die Essenz seiner Arbeit sind und er verwirft komponiertes zu Gunsten eben dieser Fehler. Daraus entstehen dann komplexe, meist dynamische und vom rhythmisch gekennzeichnete Soundlandschaften, die er mit Verve bis ins letzte Detail mit spannungsgeladenen Inhalten erfüllt. Intelligenter Ambient Sound ist das Ergebnis dieser Arbeitsweise. Holger Czukay – Movies
{sus_amazon id=B000QJLRJ8&pid=kulturwoche-21} Label/Vertrieb: SPV (2007; Erstveröffentlichung 1979) Auf diesem, 1979 erstveröffentlichten Stück Musik, ist, obwohl unter dem Namen Holger Czukays veröffentlicht, noch die Besetzung von Can am Werken, plus der Orgel von Reebop Kwaku Baah. Jaki Liebezeit spielt auf allen Takes das Schlagzeug und Michael Karoli ist auf "Oh Lord give us more Money" an der Gitarre zu hören. Irmin Schmid brilliert am Grand Piano auf eben dieser Nummer, einer sanft dahin fließenden Nummer, in der der Wunsch nach mehr Geld nur sehr dezent verpackt ist. Holger Czukay ist hier auch stimmlich vertreten, in den folgenden Jahren verzichtete er gerne auf Texte und seinen typischen Gesang, was mit einem "Schade" zu vermerken ist. Der Opener "Cool in the Pool" ist nicht nur ein auf ein Wortspiel aufgebautes, schräges Stück Musik, es offenbart auch schon einen altersbedingten, abgeklärten Humorfaktor und fasziniert durch seinen Klangkosmos. So hätte Can klingen können hätte es Can damals noch gegeben. Die CD wäre dem Ruhm der Gruppe wahrlich nicht abträglich gewesen. Czukay/Walker – Clash Cover und Layout: @@@@ Label/Vertrieb: SPV (2007; Erstveröffentlichung 1997) Anfang der 1990er Jahre traf Holger Czukay bei einer Underground Party in Köln auf Elektroniker die "alles anders machten als ich es bis dato kannte. Ich fragte mich, wie es möglich sein konnte, dass maschinengesteuerte Rhythmen einem derartige Power um die Ohren schlagen konnten." Das darauf folgende Treffen mit Dr. Walker war dann wie ein Flash für Holger Czukay. Er bekam wieder Lust auf die Bühne, er ging mit Dr. Walker 1977 auf Tournee durch die USA und dabei entstanden auch die Mitschnitte zu dieser CD. "Der musikalische Zusammenstoß war derart gewaltig, dass man ihn nur als Clash bezeichnen konnte!", sagt er zu diesem Doppelalbum. Die vorliegende Doppel-CD spiegelt die Live-Atmosphäre wieder, und als Bonus gibt es auf CD 2 einen Mitschnitt von einem Konzert im "Double Door" in Chicago. Hörenswert ist der Aufbruch von Holger Czukay in neue musikalische Gefilde auf alle Fälle. Holger Czukay/Ursa Major – 21st Century Klang: @@@@@ Cover und Layout: @@@@ Label/Vertrieb: SPV (2007) U-She ist jene Dame, die Holger Czukay schon seit einiger Zeit textlich und stimmlich begleitet. Czukay bezeichnet sie als Naturbegabung, nicht nur was ihre Stimme anbelangt, U-She ist auch als Illustratorin und Designerin in Fachkreisen bekannt. Sie gestaltete das neue Studio von Holger Czukay und spürte während dieser Arbeit dass sie zu Ursa Major (dem Großen Bären, eigentlich die Große Bärin, einem Sternbild des Nordhimmels) werden musste. Und mit Ursa Major nahm Holger Czukay auch die vorliegende CD auf, die einem mitnimmt auf eine Reise durch das 21. Jahrhundert. Es waren unvollkommene Klänge die Czukay Ursa Major vorspielte und sie erfasste intuitiv den Charakter der im Entstehen befindlichen Musik. So berichtet das Booklet der CD. Zu hören ist ein Album mit intelligenter Musik, Holger Czukay wühlt sich wieder durch die Möglichkeiten seiner elektronischen Trickkiste, schnappt sich aber auch die Gitarre, den Bass, das French Horn und alle verfügbaren Tasteninstrumente und lässt sich von Drew Kalpach an den Elektronics und Luca Formentini auf einer Nummer an der Gitarre unterstützen. Die Texte der Naturbegabung Ursa Major sind zwar kein intellektueller Hochgenuss, ihre Stimme, sie erinnert immer wieder leicht an das berühmte "Space Whistle" von Gong, macht aber alles mehr als wieder gut. Als Gesamtkunstwerk ein absolut beachtenswertes Produkt. (Alfred Krondraf) Link-Tipps: Krautrock (Teil 1) Krautrock (Teil 2) Krautrock (Teil 3) CD-Kritik: Kraftwerk - Minimum-Maximum Interview mit Roedelius: Ich habe einfach keine Lust, immer den selben Nagel ins selbe Loch zu klopfen |
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