wittstock_buchcover_kleinEreignisse und Begebenheiten aus des Autors Alltag kommen in diesem feinen Band zu Druck, freilich in sowohl feinfühliger, kluger, wie in erfrischend humorvoller Sprache.

Ereignisse und Begebenheiten aus des Autors Alltag kommen in diesem feinen Band zu Druck, freilich in sowohl feinfühliger, kluger, wie in erfrischend humorvoller Sprache. "Der Familienplanet" besteht - der Untertitel macht's bereits deutlich - nicht nur aus Eltern und Kindern - sondern eben auch aus sogenannten Katastrophen, dies wie wohl nicht der wirklich tragischen Form (von daher ist diese Begrifflichkeit hier eindeutig fehl am Platz). Vielmehr bestehen diese "Katastrophen" aus dem alltäglichen Wahnsinn, den es mitunter bringt, wenn man drei Kinder - Lennart (6), Marten (9), Nicolas (12) - zu versorgen, zu betreuen, kurzum, zu erziehen hat.

Uwe Wittstock erzählt in sehr gefälliger, flapsiger Weise von all den wichtigen Dingen - Gravitationszentren einer fünfköpfigen Familie - in erhellenden Überlegungen wie: "Die übersichtlichste Form der Kommunikation ist die Befehlskette. Der eine sagt was, der andere macht's. Vorzüglich funktioniert das bei Soldaten, seltsamerweise nicht bei Sechsjährigen." Dass dabei der Autor immer wieder auf die Kernaussage "Dein Kind, das unbekannte Wesen" zurückfällt liegt auf der Hand, denn die 32 unabhängigen Kapiteln dienen ja schließlich dazu diesem "unbekannten Wesen" auf den Grund zu gehen, in die Seele zu blicken, alles zu erkennen, mitzufühlen, und dabei immer in Augenhöhe, mehr noch, up to date mit den Gedankengängen sechs- bis zwölfjähriger zu sein. Ein Unterfangen, das, Vater und vor allem Mutter nehmen es alles in allem sehr gelassen, bisweilen an Sisyphus erinnert.
"Schon mit der Muttermilch hat er (Marten; Anm.) aufgesogen, dass man Probleme nicht löst, sondern von Gutachtern begutachten, von Prüfern prüfen, von Beratern beraten lässt, um sie dann in Ausschüsse zu überweisen und dort möglichst umfassend zu vergessen. Vermutlich ist Marten deshalb so wild auf die Tagesschau: Er schaut sich bei den Politikern die jeweils neuesten Tricks ab, mit denen sie unter Aufbietung all ihrer rhetorischen Kräfte rein gar nichts tun. Sind sich SchröderMerkelWesterwelleStoiberFischer eigentlich darüber klar, was das für mein Abendessen bedeutet?"

Der Autor und Vater erscheint in "Der Familienplanet" als leicht weinerlicher Typ, der seinen Beruf als Literaturkritiker in Gefahr sieht und dabei von Technik so viel Ahnung hat wie sein jüngster Sohn von Peter Handke. Was ihn natürlich ob seiner Schwächen und Besserwisserei als sehr sympathischen wenn auch schrulligen Vormund dastehen lässt, der nicht selten genug in diverse Fettnäpfchen tritt, so z.B., wenn er mit Nicolas in einen Dialog über Stars und Literatur tritt: ""Was hast du gegen Elke Heidenreich? Sie ist ein Star. Du magst doch Stars." "Stars?" Nicolas schweigt, sein umflorter Blick ruht für einen Moment auf meinem Gesicht. "Giovanni hat sich von Vanessa getrennt." Die Wurzel seines Weltschmerzes liegt bloß. "Vanessa von den No Angels?" "Mmh!" In Nicolas' Augen glimmt so etwas wie zögerndes Interesse an unserm Gespräch auf. "Na ja", versuchte ich zu trösten, "Reich-Ranicki und Sigrid Löffler haben sich damals auch..." Kein Licht mehr in Nicolas' Augen, dafür stellt er den Fernseher lauter."

Die wahre Weise in der Familie - wie so oft - ist die Mutter der drei Kinder, die mit sehr subtilen Gesten das erreicht, was sie erreichen möchte (z.B. Ruhe vor den Vieren zu haben). "Der Familienplanet" ist ein überaus kurzweiliges, unterhaltsames Buch für die ganze Familie - äh, viel Glück liebe Eltern! - auf stilistisch sehr hohem Niveau. Ursprünglich erschienen sämtliche in "Der Familienplanet" enthaltenen Kürzestgeschichten als Kolumnen in der "Welt", wenn auch in anderer Form, somit bleibt zu hoffen und ist zu wünschen, dass es einen Nachfolgeband zu "Der Familienplanet" geben wird. (Manfred Horak)

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Verlag C.H.Beck, 2005
111 Seiten mit 12 farbigen Abbildungen
Gebunden
Illustrationen von Manfred Bofinger
ISBN 3 406 522947
Alter: Für Familienmitglieder ab 12