Der wuchtige Band mit den Originaltexten der Grimmschen Märchen ist nicht für Kinder geeignet, auch wenn die Illustrationen diesen Anschein wecken mögen.
Die Originaltexte der Grimmschen Märchen, versammelt in einem wuchtigen Band, und vielfarbig illustriert von Adolf Born, versehen mit der Vorrede der Brüder Grimm vom "3ten Julius 1819", sind nicht geeignet für Kinder, auch wenn die Illustrationen diesen Anschein wecken mögen. Man kennt ja all diese Märchen hauptsächlich in stark gekürzter und durchaus kindergerechter Versionen, in denen das Blut und das Töten, das Massakrieren und die Vorurteile in Folge stets in einer Softversion wiedergegeben wurden und somit auch sprachlich einer Korrektur unterzogen wurde. Im vorliegenden Band sind die schaurigen Geschichten in der ungekürzten Form abgedruckt, und auch in der ursprünglichen Schreibweise. Und alle sind sie vertreten, die allgemein bekannten Märchen wie "Der Froschkönig oder der Eiserne Heinrich", "Sneewittchen", "Rumpelstilzchen", "König Drosselbart", "Rotkäppchen", "Die Bremer Stadtmusikanten" und deren mehr bis hin zu unbekannteren wie "Von dem Fischer un syner Fru", "Der Jude im Dorn", "Doktor Allwissend" oder "Märchen von der Unke".
Gemein haben sie alle gewalttätige Umgangsformen in der Handlung, rohe Verbrechen, detaillierte Beschreibungen von Verstümmelungen und Morden, sowie die Anleitung von Erpressung, Entführung, Vergewaltigung, Antisemitismus.
"...Aber es waren schon eiserne Pantoffeln über Kohlenfeuer gestellt und wurden mit Zangen hereingetragen und vor sie hingestellt. Da musste sie in die rot glühenden Schuhe treten und so lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel." (aus: "Sneewittchen"). Passagen wie diese finden sich zuhauf in dem mehr als 540 Seiten dicken Bandes, und so manche Märchen, wie z.B. "Der Jude im Dorn" ist derart widerwärtig, dass sich auch durchaus die Frage der Wiederbetätigung stellt, wenn man dieses "Märchen" veröffentlicht, ebenso wie "Hänsel und Gretel", in dem es heißt: "...wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist - da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus, und wir sind sie los..."
Märchen von Jakob und Wilhelm Grimm, und im speziellen diese Ausgabe kann man nicht empfehlen, sondern man kann davor nur warnen. Schlechte Literatur, deren Witz mir verborgen bleibt, nicht nur aufgrund Schlusssätze wie "Mein Märchen ist aus, dort lauft eine Maus, wer sie fängt, darf eine große, große Pelzkappe daraus machen". (Manfred Horak)
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cbj Verlag, 2004
546 S., gebunden
Illustriert von Adolf Born
ISBN 3 570 12678 1