Eine exzellente musikalische Biographie legt der deutsche Sprachwissenschaftler Andreas Rohde mit dem vorliegenden Buch über den Meistergitarristen George Harrison vor.
Mit Akribie und großer Fachkenntnis spürt Rohde Song für Song von George Harrison auf, wobei ausschließlich das Solo-Werk von Harrison untersucht wird. Demnach beginnt das 450-Seiten starke Buch in der aktiven Beatles-Zeit im Jahr 1968 mit der Veröffentlichung von Harrisons erstem Solo-Album "Wonderwall Music by George Harrison". Ein Album, das extra für den Film "Wonderwall" entstand, und bei dem George Harrison lediglich Produzent seiner Songs war, nicht jedoch als Interpret zu hören ist. Eingeteilt ist das Buch in zwei Teile. Während der erste Teil nach den Schallplattenveröffentlichungen Harrisons geordnet ist, umfasst Teil 2 eine umfangreiche Chronik von 1967-2001. Als Bonus gibt es dann schließlich noch eine Darstellung Harrisons musikalischer Aktivitäten außerhalb seiner eigenen Plattenveröffentlichungen auf der Webseite des Verlags.
Rohde gelingt die Gratwanderung, dass die Biographie sowohl für Musikhistoriker bzw. musikhistorisch interessierte Personen als auch für den allgemeinen George-Harrison-Fan eine wertvolle Lektüre darstellt. Neben Anmerkungen zur Entstehung eines Albums, listet Rohde jeweils auch immer die Besetzung auf, beschreibt die Aufnahmesituation z.B. hinsichtlich technischer Möglichkeiten oder anderer Belange und Umstände, begibt sich darauf hin in die Tiefe eines jeden Songs und widmet sich schließlich auch der Rezeption nach jeder Veröffentlichung. Da kann man dann noch einmal nachlesen, welchen Anfeindungen George Harrison bisweilen seitens der Musikjournaille ausgesetzt war, und das liest sich dann folgendermaßen: "In Deutschland sprach Gabriele Meierding für alle Harrison-Feinde, als sie [im Musikexpress; Anm.] schrieb, dies sei eine typische George-Harrison-Platte und daher belanglos." Rohde geht mit eigenen Kommentaren zu Rezeptionen wie diesen sehr sparsam um (in diesem Fall verzichtete der Autor überhaupt auf einen eigenen Kommentar), was gut ist. Dadurch erhält das Buch nicht den Charakter eines x-beliebigen Fan-Buchs, im Gegenteil: Rohde steht Harrisons Werk durchaus kritisch gegenüber, obwohl Harrison sein Lieblings-Beatle war und Rohdes Faszination für Harrisons Musik und seine Person niemals geschwunden ist, wie Rohde im Vorwort anmerkt. Des Autors Stil ist sachlich, niemals besserwisserisch, und seine musikalische Biographie verleitet dazu, selbst die schwächsten Songs von George Harrison kennenzulernen bzw. sich erneut mit seinem Gesamtwerk eingehend zu befassen. Dank des Buches wird man mitunter wohl einiges mit anderen Ohren hören. (Manfred Horak)
Buch-Tipp:
Andreas Rohde: George Harrison solo
Bewertung: @@@@
Verlag: Nicole Schmenk (2013)
Link-Tipp:
Anhang (Teil 3 des Buchs) zum kostenlosen Download