Obwohl beinahe 200 Jahre alt, bleibt Shelleys "Frankenstein" eine aufregende Geschichte des menschlichen Grauens. Zeitlos und heute noch relevant: der mythische Aspekt und die gebrechliche Auffassung von Normalität. Die Relevanz und Zeitlosigkeit dieses Themas zeigt auch der Kinofilm "Tender Son: Das Frankenstein Projekt", der ab 23.9. exklusiv im Metro Kino (Wien) zu sehen ist.
Der Schauerroman "Frankenstein oder Der moderne Prometheus" [dt. "der Vorausdenkende"; P. ist in der griechischen Mythologie der Freund und Kulturstifter der Menschheit und wird oft - z.B. auch von Platon - als Schöpfer der Menschen und Tiere bezeichnet; Anm.] erschien bereits - anonym - erstmals im Jahr 1818 und in der endgültigen Fassung 1831. Der Ursprung lag zwar in der Romantik, für den großen und nachhaltigen Erfolg sorgte allerdings die gotisierende Vorliebe für die Nachtseiten des Lebens und das Unbekannte jenseits des menschlichen Erfahrungsbereichs. Alleine von daher gab es bis heute unzählige Nachahmungen und Trivialisierungen [besonders im Film; eine der wenigen löblichen Ausnahmen ist "Tender Son: Das Frankenstein Projekt" vom ungarischen Regisseur Kornél Mundruczó; Anm.], wobei der Name Frankenstein häufig vom Schöpfer auf das Geschöpf überging. Wenn man das Buch heute liest - neu aufgelegt wurde es Ende 2010 im Aufbau Verlag - so staunt man über die differenzierte Erzähltechnik. Zunächst wird die Lebensgeschichte von Victor Frankenstein anhand von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen des Nordpolforschers Robert Walton erzählt, dem folgen Frankensteins Bericht und die Ich-Erzählung des namenlosen Monsters. Mit diesem Kniff hebt sich Shelleys Werk wohltuend über das Gros der Schauer-Horror-Mystery-etc.-Romane ab, umso mehr, da Shelley, möglicherweise von Byron inspiriert, die (unheimlichen) Möglichkeiten wissenschaftlicher und philosophischer Forschung im frühen 19. Jahrhundert literarisch abwägte. Die Besessenheit das Elixier des Lebens zu finden steht im Mittelpunkt des Romans. Victor Frankenstein überschreitet dabei die alchimistischen Spekulationen und die Grenzen der exakten Wissenschaft. Ihm gelingt es zwar, dem künstlichen Körper Leben einzuhauchen, jedoch mit fataler Wirkung. Das Monster sehnt sich nach Gesellschaft und Liebe, wird aber von allen zurückgestoßen und so verwandelt es sich zu einem Geschöpf, das tötet, weil es nicht lieben darf. In der Eiswüste endet schließlich der Kampf und der künstliche Mensch treibt einsam auf einer Eisscholle. Ein echter Klassikaner Marke Weltliteratur. (Manfred Horak)
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