Auf 120 Seiten erklärt Wippermann seinen Lesern warum es gefährlich ist die DDR mit dem Dritten Reich zu vergleichen. Nach relativ fundierter Recherche leitet er außerdem her, warum aus seiner Sicht die Begriffe "Extremismus" und "totalitär" unkorrekt sind, dieses mutet zwar objektiv an, wird aber letztendlich doch durch einige Kommentare zu bekannten Persönlichkeiten verdorben.
Ein Vergleich zwischen der DDR und dem Dritten Reich ist schnell gezogen. Ähnliche staatliche Organisationsstrukturen, starke Jugendorganisationen und machtpolitische Einschüchterungen gegenüber dem Volk. Außerdem wird das Ganze noch geschürt, indem Floskeln wie 'Die zweite deutsche Diktatur' oder ähnliches in den Sprachgebrauch eingehen. Seine These, dass ein Vergleich aber problematisch ist, weil man damit den Nationalsozialismus verharmlost leitet Wippermann fundiert her und gibt den kräftigsten Beweis gleich zu Anfang in der Beschreibung zum Buch: "Wie auch immer man die Verbrechen in der DDR be- und verurteilen mag - ein Auschwitz hat es in ihr nicht gegeben." Damit hat er Recht und beweist eindeutig, dass ein direkter Vergleich erstens nicht sinnvoll und zweitens historisch inkorrekt ist. Allerdings sollte man die Greultaten des DDR-Regimes auch nicht so einfach davonkommen lassen. Was mit Stalin begann und nachher in kompletter Überwachung ganzer Volksgruppen durch die Stasi geendet hat, war für die Mehrheit der DDR-Bürger auch nicht tragbar. Sicher, man konnte in der DDR einigermaßen leben, solange man den Mund nicht aufgemacht und sich weitestgehend angepasst hat, aber tat man dieses nicht, ging es los. Es ist klar, dass man die Schicksale nicht mit sechs Millionen ermordeten Juden gleichsetzen kann und deswegen ein direkter Vergleich nicht haltbar ist. Allerdings sollte auch nicht in Vergessenheit geraten, dass in der DDR durch die absolute Überwachung auch ganze Existenzen zerstört wurden. Aber Wippermann will noch mehr. Als Geschichtsprofessor bringt er dann auch noch Theoretisches zur Terminologie unter. Seiner Meinung nach sind Begriffe wie 'Extremismus' und 'Totalitarismus' historisch falsch und sollten nicht verwendet werden. Und obwohl er seine These wirklich gut erklärt und auch mit einem langen Literaturverzeichnis belegt, kommt es einem so vor, als würde er das gesamte Thema nur anschneiden um etwas Neues in die Diskussion einzuwerfen. Ein richtiges Gegenargument kann ich auch nicht zu seinen Thesen finden, allerdings frage ich mich wie man Zustände, die quasi 'im Volksmund' als 'extremistisch' oder 'totalitär' bezeichnet werden, anders betiteln soll. Auch wenn Wippermann, davon überzeugt ist, dass diese Worte gar nicht richtig definiert sind und man deswegen nicht genau fassen kann, was sie eigentlich bedeuten, braucht man doch einige Vokabeln um gewisse 'extremistische' und auch 'totalitäre' Zustände in Gesellschaften zu beschreiben. Ließe man sich auf Wippermanns Forderung ein, so verlöre man einiges an empirischer Beschreibungsmöglichkeit für soziale Phänomene. Letztendlich wird der objektiv aufgebaute, wissenschaftliche Text auch noch durch eine scheinbare persönliche Abneigung gegen Joachim Gauck, ehemaliger Leiter der Behörde für Stasi-Unterlagen, in ein schlechtes Licht gerückt. In einem ganzen Kapitel breitet Wippermann seine Vorbehalte gegen Gauck aus. Hier hört das Buch auf eine wissenschaftliche Abhandlung zu sein und beginnt sich mit Fragen auseinander zu setzen, die in so einem Text eigentlich nichts zu suchen haben. Wippermanns Buch ist also eine gelungene Herleitung einer These, die viel zu oft unbedacht im Raum steht. Er erklärt fundiert und gut recherchiert warum ein Vergleich zwischen den beiden Systemen nicht tragbar ist, schießt aber mit seiner Abhandlung über die Nicht-Existenz von 'Extremismus' oder 'Totalitarismus' etwas übers Ziel hinaus und verdirbt sich seinen Text durch den Einfluss von zu viel Subjektivität. (Katja Kramp)
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