Ab 1850 entstand eine einzigartige Dokumentation einer Stadt in radikalem Wandel: Unterschiedliche Panorama-Aufnahmen von Wien gaben einen weiträumigen Überblick über die kaiserliche Hauptstadt und ihre größten Bauprojekte: Die Fotografen der "k.k. Staatsdruckerei" schufen großformatige Aufnahmen vom Ausbau von St. Stephan bis zum Abriss der mittelalterlichen Stadtmauern.
Auf direkte Anordnung des Kaisers sollte sich aus der mittelalterlichen Residenz eine moderne Metropole entwickeln. Die Entscheidung dafür fiel nur wenige Jahre nach der Einführung der Fotografie in Österreich. Auf unterschiedliche Weise dokumentierte das neue Medium die massiven Veränderungen des Stadtbildes, verfolgte Abrisse und Neubauten. Intensiver als Zeichnungen oder Aquarelle, Radierungen oder Lithografien, in deren ästhetischer Tradition die fotografischen Veduten standen, vermochten die Lichtbilder eine Vorstellung von der ›Erweiterung‹ der Stadt zu geben, von den geradezu gigantischen Ausmaßen der kaiserlichen Projekte. Mit der Einführung der ›Momentfotografie‹ belebten sich die Stadtansichten, in denen der langen Belichtungszeiten wegen bis dahin Menschen praktisch nur als bewegungslose ›Staffagefiguren‹ aufgetaucht waren. Was sich der - erstmals auch versteckt agierenden - Kamera hier darbot, vermittelt ein lebendiges Bild einer vielschichtigen Bevölkerung, welche die Straßen der sich wandelnden Stadt als Bühne für Selbstinszenierung und gesellschaftliche Kommunikation nützte. (pt)
Buchtipps:
Monika Faber/Maren Gröning
Stadtpanoramen. Fotografien der k.k. Hof- und Staatsdruckerei 1850-1860
Christian Brandstätter Verlag, Wien
95 Seiten, 12,50 Euro
Michael Ponstingl Straßenleben in Wien. Fotografien von 1861 bis 1913
Christian Brandstätter Verlag, Wien
99 Seiten, 12,50 Euro
Astrid Lechner - Martin Gerlachs "Formenwelt aus dem Naturreiche".
Fotografien als Vorlage für Künstler um 1900
Christian Brandstätter Verlag, Wien
95 Seiten, 12,50 Euro