Hinter (fast) jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau. Das könnte man auch über Trude Forsher sagen, die am Beginn des kometenhaften Aufstiegs von Elvis Presley im Hintergrund als dessen Sekretärin - besser wäre wohl Assistentin - wirkte.
Die aus Wien gebürtige Trude entkam nur knapp der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie und emigrierte über London in die USA. Dass ihr diese gelang, war nicht zuletzt entfernten Verwandte zu verdanken, die in den USA bereits erfolgreich waren - die ebenfalls aus Wien stammenden Musikproduzenten Jean und Julian Aberbach. In deren Musikverlag Hill and Range waren etliche Komponisten von Elvis-Songs unter Vertrag. Die Aberbachs sorgten auch dafür, dass Trude Forsher den Job bekam, um den sie viele Teenager beneideten: Sie gehörte zum innersten Kreis um Elvis Presley und arbeitete in Hollywood für ihn und seinen Manager Colonel Tom Parker.
Die kleine, aber feine Ausstellung im Extrazimmer des Jüdischen Museums porträtiert Trude Forsher als starke Frau, die mehr als bloß die Sekretärin Elvis‘ war, was besonders im jenem Teil der Ausstellung deutlich wird, der ihre Karriere nach dem Ende ihres Jobs bei Colonel Parker und Elvis nachzeichnet. Dies wird durch die Präsentation von ausgewähltem Material aus dem Nachlass Trude Forshers möglich, die ihr Sohn James Forsher gemeinsam mit Ausstellungskurator Marcus G. Patka zusammengestellt hat.
Ein Schlaglicht auf die US-Musikindustrie der 1940er bis 1970er Jahre
Wer über das US-Musikbusiness mehr erfahren will, wird nicht nur in der Ausstellung, sondern auch im Katalog fündig: Die Erfolgsgeschichte der Aberbachs wird erstmals in dieser Ausstellung angerissen - selbst Wikipedia widmet gerade einmal auf der englischen Seite den österreichischen Emigranten Jean and Julian Aberbach einige wenige Zeilen, obwohl die von Ihnen 1945 gegründete Hill and Range Publishing Company zu den prominenten Verlegern der amerikanischen Country und Western Musik zählten und auch in der ASCAP, der American Society of Composers, Authors and Publishers, eine nicht unbedeutende Rolle spielten, nicht zuletzt, weil sie die bis dahin übliche Tantiemen-Teilung von 50-50 Prozent unterliefen, und den Komponisten und Autoren ein 75–25 Prozent zugunsten der Autoren anboten.
Dass Colonel Parker, der Trude Forsher für Elvis engagierte, mit den Aberbachs ins Geschäft kam - die beiden hatten bis dahin vorwiegend Country Stars wie Bob Wills, Ernest Tubb, Bill Monroe und Hank Snow unter Vertrag - ist darauf zurückzuführen, dass Parker, der auch Hank Snows Manager war, 1955 Elvis Presley unter Vertrag nahm und ihn aus seinem Vertrag mit Sun Records (das Label hatte auch Jerry Lee Lewis und den jungen Johnny Cash unter Vertrag), einem im Memphis ansässigen Label, herauskaufte und Presley bei RCA Victor unterbrachte. Das war auch der Start von Trude Forshers Karriere als Elvis‘ Sekretärin.
Colonel Parker gehörte zu den schillernden Figuren des Musikbusiness der 1950er und 1960er Jahre und ein gewiefter Geschäftsmann. Denn obwohl Elvis Presley seine Songs nicht selbst schrieb, erhielt er ein Drittel der Songwriter-Tantiemen und die Hälfte der Einnahmen der Musikverleger wie Hill and Range. Und seine Songs wurden nicht von unbedeutenden Komponisten und Textern geschaffen, sondern von den absoluten Stars der damaligen Szene, die im Brill Building anzutreffen waren: Jerry Leiber and Mike Stoller (24 Titel, von denen elf wie z.B. "Hound Dog" in die Charts kamen und sieben den Status als Millionenseller erreichten. Die als Vehikel für Musik gedrehten Elvis-Filme - von denen einige in Ausschnitten in der Ausstellung zu sehen sind, enthielten anfangs ebenfalls Kompositionen des Autorenteams, nämlich zwei im Film "Loving You", vier im Film "Jailhouse Rock" - darunter auch die Titelmelodie, sowie drei Songs im Film "King Creole", darunter das herausragende "Trouble". Andere große Komponisten schrieben ebenfalls Songs für Elvis Presley wie z.B. Doc Pomus und Mort Shuman ("Viva Las Vegas", "Suspicion", "His Latest Flame") oder Otis Blackwell, der unter anderem "Great Balls of Fire" und "Breathless", die Tophits von Jerry Lee Lewis, und mit "Don't Be Cruel", "All Shook Up" und "Return to Sender" Top-Hits von Elvis Presley komponierte.
Einen Einblick in die Elvis-Rezeption gibt Roland Schöny in seinem äußerst informativen Katalogbeitrag, den er mit dem Todestag Presleys am 17. August 1977 einleitet. Hier schildert er die Hysterie rund um den Tod des King of Rock'n'Roll in Europa, und was manchen übertrieben scheinen mag, kann der Autor dieser Rezension nur bestätigen: Er war Werkstudent bei Daimler-Benz in Sindelfingen, als im Mercedes-Werk die Montagebänder für wenige Minuten stehenblieben, und der Tod des "King" über die Hallenlautsprecher gemeldet wurden. //
Text: Alfred Stalzer
Fotos: James Forsher Estate, Langbein & Partner, wulz.cc
Trude und Elvis. Wien - Memphis - Hollywood
April bis 12. November 2017
Jüdisches Museum Wien
1010, Dorotheergasse 11
So bis Fr 10 – 18 Uhr, Sa geschlossen