Gegen Hass im Netz wurden innerhalb von 38 Stunden 100.000 € gesammelt, dabei haben viele noch gar nicht gespendet, obwohl sie gerne wollten. Daher nun Phase 2.

Sigi Maurer - Rechtshilfefonds gegen Hass im Netz - Phase 2

Die Finanzierungsschwelle beträgt erneut 50.000 €, und wenn 100.000 € erreicht werden, endet Phase 2. Gespendet werden kann ab 10 € aufwärts. Die Finanzierungsfrist ist der 17. April 2019, es kann jedoch wieder davon ausgegangen werden, dass auch die zweite Finanzierungsphase rascher erfolgt.

Hier im Detail die Ausgangssituation und Projektbeschreibung zur Crowdfunding-Aktion gegen Hass im Netz:

Hass im Netz ist eine besonders intensive Form der Gewaltanwendung, die häufig systematisch angewandt und immer verbreiteter wird. Regelmäßig berichten Betroffene von schwerwiegenden Vorfällen von Hass im Netz mit gravierenden psychischen Folgen. Die Polizei kann oft nicht weiterhelfen. Noch häufiger bleiben Betroffene mit ihren Problemen allein, weil Hass im Netz auf sehr verletzliche Bereiche abzielt und Betroffene aus Scham und Unsicherheit nicht darüber sprechen.

Es gibt in Österreich derzeit kaum niederschwellige Möglichkeiten, sich gegen Hass im Netz mit rechtlichen Mitteln zu wehren.

Insbesondere bei (sexueller) Belästigung via Privatnachrichten oder E-Mails ist die Situation problematisch. Derartige Nachrichten können nicht einfach angezeigt werden, weil der Straftatbestand der sexuellen Belästigung nur auf physische Belästigung abzielt. Cybermobbing (§107c StGB) wiederum greift nur in Fällen von fortgesetzten, öffentlichen Belästigungen. Für eine Anzeige gemäß dem Stalking-Paragraphen (§107a StGB) ist entsprechende Beharrlichkeit notwendig. Das bedeutet für Betroffene, dass sie „warten“ müssen, bis sie lange genug belästigt wurden, bevor sie sich rechtlich wehren können. Bei Vergewaltigungs- und Morddrohungen können zwar Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht werden; allerdings werden diese in der Praxis oft nicht weiterverfolgt, weil im Strafrecht sehr hohe Anforderungen für die Erfüllung dieser Tatbestände verlangt werden.
Die einzige Möglichkeit liegt häufig darin, privat zu klagen, etwa auf Beleidigung, Unterlassung oder Schadenersatz. Das ist aber mit großem persönlichem und finanziellem Risiko verbunden, weshalb diese Option für viele Betroffene nicht in Frage kommt.

Wir, die Initiator*innen dieses Projekts, haben anlässlich des Falles von Sigi Maurer beschlossen, dass diese unerträgliche Situation geändert werden muss. Wir wollen klarmachen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und Betroffene nicht alleine gelassen werden!

Rechtshilfefonds für Betroffene:

Mit einem Rechtshilfefonds sollen Betroffene die Möglichkeit erhalten, ihre Belästiger*innen zu klagen. Damit soll auch das niederschwellige Beratungsangebot von ZARA gesichert und ausgebaut werden. Unser Ziel ist es, rasch, kostenlos, unbürokratisch und professionell helfen zu können.
Die Geldmittel gehen an den Verein ZARA für
Prozesskostenübernahme (inkl. notwendige anwaltliche Vertretung) bei Fällen von Hass im Netz
die Absicherung und den Ausbau des ZARA Beratungsangebots, um weiterhin kostenlose Rechtsberatung für alle Betroffenen von Hass im Netz garantieren zu können.

Welche Fälle sollen konkret unterstützt werden?

Alle Fälle, die beim Verein ZARA wegen Hass im Netz eingehen,
- bei denen grundsätzlich eine Möglichkeit zu klagen besteht,
- bei denen die Betroffenen eine Klage wünschen
- und bei denen (basierend auf juristischer Expertise) eine realistische Chance auf Erfolg besteht. 
Präzedenzfälle, die zur Klärung der juristischen Rahmenbedingungen beitragen, wie z.B. der Fall von Sigi Maurer – hier können auch die Kosten von Beklagten übernommen werden.
 
Für die Entscheidung, in welchen Fällen geklagt werden kann, braucht es entsprechende juristische Expertise, über die der Verein ZARA verfügt. Zudem kann der Verein auf ein Netzwerk von Expert*innen und Anwält*innen zurückgreifen, falls beispielsweise anwaltliche Abklärung notwendig ist. Der Verein ZARA übernimmt die Verantwortung für die Auswahl der zu fördernden Fälle.
Die Auswahlkriterien werden auf der Webseite von ZARA veröffentlicht.

Wie sieht die finanzielle Abwicklung aus?

Die Spenden gehen an ein eigens dafür eingerichtetes Konto, von dem die Gelder nach den hier festgelegten Kriterien abgebucht werden. Der Stand des Kontos wird auf der ZARA-Website aktuell gehalten. Ein halbjährlicher, detaillierter Bericht über die Mittelverwendung wird ebendort veröffentlicht.

Informationen zu den Projektinitiator*innen

Wir, die Initiator*innen dieses Projekts (Sigi Maurer und Verein ZARA), beschäftigen uns schon lange mit dem Thema „Hass im Netz“. Wir haben uns zusammengetan, weil es für uns unerträglich ist, dass gegen Hass im Netz nicht ausreichend vorgegangen werden kann.
Die ehemalige Politikerin Sigi Maurer wurde im Oktober 2018 vom Straflandesgericht wegen Übler Nachrede nicht rechtskräftig verurteilt, weil sie die gegen sie gerichteten sexuellen Belästigungen eines Hassposters öffentlich machte. Sie engagiert sich seit vielen Jahren für feministische Anliegen.
Die Expert*innen von Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit (ZARA) betreiben seit 1999 eine niedrigschwellige Beratungsstelle und haben das Phänomen Hass im Netz schon lange auf ihrer Agenda. Sie verfügen über das nötige juristische und praktische Knowhow im Umgang mit Hass im Netz und können auf ein großes nationales und internationales Netzwerk an Expert*innen zurückgreifen.

Nachhaltigkeit

Wir hoffen, dass die Finanzierung von Präzedenzfällen dazu beiträgt, die Betroffenen zu unterstützen sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Es soll in Zukunft nicht mehr nötig sein, privat gegen Hass im Netz vorzugehen.
Das Projekt zielt außerdem darauf ab, dass erkannt wird, dass das Internet kein straffreier Raum ist. //

Text: Sigi Maurer und ZARA - Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit
Abbildung: Respekt.net