Der Deix Animationsfilm "Rotzbub" ist eine Coming-of-Age-Story eines Künstlers und eine Liebeserklärung daran, sich nicht unterdrücken zu lassen, zu sich selbst zu stehen.
Deix Animationsfilm Rotzbub
Manfred Deix (1949-2016) hat zu Lebzeiten das Drehbuch abgenommen und durch seine Lebensgeschichte viele dramaturgische Ereignisse geliefert. Und so ist auch der Deix Animationsfilm auf dramaturgischer Ebene zu betrachten, denn alle Figuren im Deix Animationsfilm "Rotzbub" sind dem Schaffen von Manfred Deix entnommen. Wir kennen "seine" Figuren nur allzu gut - sei es der Pfarrer, sei es die Wirtin und allgemein Frau und Herr Österreicher.
Was ich einmal werden will
Der Deix Animationsfilm handelt in Österreich in den 1960er Jahren im beschaulichen Ort Siegheilkirchen, wo der Rotzbub - das Alter Ego des jungen Manfred Deix - aufwächst und später mal das Wirtshaus seiner Eltern übernehmen soll. In der Schule bekommt er die Hausaufgabe einen Aufsatz zu schreiben. Drei Seiten "Was ich einmal werden will." Aber ihm fällt nichts ein, warum er Wirt werden will. Vielmehr will der Rotzbub eigentlich nur zeichnen. Das Talent dazu hat er, und recht bald kommen seine ersten Frühwerke - Zeichnungen der nackten Fleischhauerin - gegen Bezahlung zur Verbreitung. Vornehmlich als Wichsvorlage für seine Mitschüler.
Dorfnazis am Stammtisch
Eines Tages kommen Roma in den Ort und mit ihnen die furchtlose Mariolina, in die sich der Rotzbub verliebt, und von der er auch zärtliche Porträts zeichnet, vornehmlich im Espresso Jessy, wo er sein erstes Bier trinkt und den Rock'n'Roll via Jukebox entdeckt. Wenn es übrigens etwas auszusetzen gibt am Deix Animationsfilm, dann der Umstand, dass seine Lieblingsband The Beach Boys nicht vorkommt. Im Wirtshaus seiner Eltern gibt es weder eine Jukebox noch eine freundliche Kundschaft. Dort sitzen die Dorfnazis am Stammtisch, was dem Vater vom Rotzbub zwar nicht gefällt, aber so viele gibt es halt nicht, die ins Wirtshaus gehen. Den Ewiggestrigen ist das Fremde jedenfalls ein Dorn im Auge und planen das Dorf von den Roma "zu reinigen" und basteln kurz darauf auch bereits an einer Bombe.
"Es gibt keinen größeren Psychoanalytiker der österreichischen Seele als den Manfred Deix."
"Die Figuren in Manfred Deix' Karikaturen", so Regisseur Marcus. H. Rosenmüller, "haben Tiefe und Charakter. So abstoßend einer sein mag, da ist immer noch der Reiz, dass man ihm zuschaut, was im Umkehrschluss auch bedeutet, dass man auch eine gewisse Sympathie ihm gegenüber hegt. Deix schafft es, die inneren Werte nach außen zu stülpen." Manfred Deix hatte die Gabe, etwas Urösterreichisches in seinen verschiedensten Figuren zu manifestieren und wieder erkennbar zu machen. "Es ist eine Mischung aus dem Liebenswürdigen", so Produzent Josef Aichholzer, "das in den Österreichern liegt, mit seinen ganzen Verunstaltungen und der Bösartigkeit, die im österreichischen Charakter liegen. Die Bösartigkeit, dass man dem anderen lieber etwas zuleide als ihm etwas Gutes tut." Diese Mischung in uns allen, dass wir weder Teufel noch Götter sind, die hat Manfred Deix in einer einzigartigen Form aus der österreichischen Seele gezogen, die mit den Worten von Billy Wilder beschrieben wurde: "Es gibt keinen größeren Psychoanalytiker der österreichischen Seele als den Manfred Deix." Und genau das, und noch viel mehr, ist im Deix Animationsfilm in bester Unterhaltung im Großformat zu sehen. //
Text: Manfred Horak
Fotos: Aichholzer Film
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