Ein Land im Internet, mit eigener Verfassung, Bewohnern und Demokratie? Utopie, Fiktion oder schon Realität? Zwei junge Filmemacher starten mit einem Film (in) ein neues Land: Ins "8th Wonderland".
Der virtuelle Raum, der gleichzeitig zu einem eigenen Land wird, mit eigner Verfassung, einem eigenen Botschafter und natürlich auch Menschen, die dort leben. Jede Woche wird zu einem brisanten politischen Thema abgestimmt und zwar demokratisch. Da die Plattform über eine Homepage erreicht werden kann, kann auch jeder mitmachen, der das Passwort kennt. Bewohner des 8. Wonderland reisen somit von allen Nationen ein. Jede Woche soll auf ein politisch brisantes Thema mit einer Aktion aufmerksam gemacht werden. Zuerst wird heiß diskutiert, dann abgestimmt. Da werden Kondomautomaten im Vatikan installiert und Profifußballer entführt, um mit Kindern in China, in einer Sportschuhfabrik zu arbeiten. Die Aktionen werden immer gewagter und schließlich ein Diktator, der mit den Drogenbossen eines südamerikanischen Landes gemeinsame Sache macht, erschossen und dem G8 eine Videobotschaft direkt überbracht. Darin ist zu sehen, wie die Kinder der Politiker mit dem HIV Virus infiziert werden. Grenzfälle, die an Terrorismus erinnern. Ein Umstand der von den Filmemachern bewusst herbeigeführt ist. Das Netzwerk der Bewohner des 8. Wonderland hilft auch jetzt. Der Attentäter und andere Aktivisten, die gefährdet sind, werden versteckt. Schließlich bricht das Netzwerk im Film zusammen und wird zerstört. Das Internet ist langlebig und das nächste entsteht unmittelbar: 9th Wonderland - mit dem Ziel politisch aktiv zu sein und das nicht nur auf einer Diskussionsplattform, sondern auch in der Realität. Der Film von Nicolas Alberny und Jean Mach lässt lange Zeit offen, ob das 8th Wonderland existiert oder eine Erfindung der Filmemacher ist. Das Werbematerial gibt vorerst keinen Hinweis auf Nicht-Existenz oder reine Fiktion. Somit ist der Eindruck einer Spieldoku gegeben. Das hat die Leistung der Schauspieler etwas in den Hintergrund gedrängt. Sicher kein Fehler. Durchaus ist es denkbar, dass derartige Foren im Internet mittlerweile existent sind und auch agieren. Denn Politik ist zuletzt immer etwas von Menschen zugelassenes oder unterstütztes. Auch wenn eine Person nicht viel ausrichtet, so können viele ja durchaus etwas bewirken. Die Macht des Einzelnen, der auch immer Teil eines Kollektivs ist, wurde glaubhaft herausgearbeitet. Dieser Film zeigt sehr eindrucksvoll, wie viel Macht das Internet bereits hat und jüngste Ereignisse, wie Wikileaks zeigen, dass diese Geschichte nicht mehr nur Utopie ist. Missbrauchsmöglichkeiten und die Widersprüchlichkeiten in dieser virtuellen "Demokratie" werden mehr als nur angedeutet. Denn einerseits sprechen sich die Mitglieder gegen die Todesstrafe in den USA aus, kurz danach wird aber ein Mensch hingerichtet, weil seine Politik nicht passend erscheint - ohne Gericht - nur durch eine Abstimmung im Internet, sowie andere terroristische Aktionen beschlossen. Die Macht der Medien spielt dabei eine große Rolle. Auch wenn viele Fragen offen bleiben: Z.B., wie kommt man zu einem Passwort, was passiert, wenn ein Mitglied Anzeige erstattet,... so ist die Idee zum Film, der schon 2009 erschienen ist und 2008 gedreht wurde, doch eine ziemlich aufrüttelnde. Die Macht, sowie Funktionalität einer Demokratie werden bewusst, und das die Abgrenzung zum Terrorismus und Anarchie sehr dünn wird. Selbst wenn es dieses Land noch nicht gibt, dann ist es spätestens durch diesen Film irgendwo entstanden. Die Homepage von 8th Wonderland hat mittlerweile 6500 User. Uns bleibt das Gefühl, dass es Dinge da draußen gibt, die es wert wären, es sich genauer anzusehen. (suja)
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