Zwischen und 130 und 140 Filme werden auf der Viennale 2010 gezeigt. Genau steht das noch nicht fest. Fest steht allerdings, dass die Tage länger werden, je näher das cineastische Großereignis rückt. Die Plakate sind schon gedruckt, den Ein-Minuten-Trailer, den "Film zum Festival", hat aber auch der Chef Hans Hurch noch nicht gesehen.
Wie immer genießt die Viennale aber das Privileg, nicht einem Programm folgen zu müssen, mit Hurchs Worten "frei, uneingeschränkt und neugierig" zu sein. Auf dem Badeschiff erklärte er das Programm der Viennale 2010. So kann man sich auch den kommerziellen Randerscheinungen widmen, wie z.B. dem Dokumentarfilm: Von allen Neuerscheinungen in dieser Sparte habe es laut Hurch nur einen gegeben, der es in Österreich in den Verleih schaffte: "Nénette", eine stille Beobachtung einer Orang-Utan-Dame. Für ihn geradezu eine Aufforderung, diesem Genre mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Eine andere Kategorie, die oft im Abseits existieren muss: der Kurzfilm. Für den Viennale-Direktor ein ungerechtfertigter Umstand. "Man wünscht sich manchmal, der eine oder andere abendfüllende Film wäre kürzer geraten und manche Kurzfilme würden gar nicht aufhören." Der komische Film darf auch nicht zu kurz kommen, wenngleich er laut Hurch zur anspruchsvollsten Disziplin gehöre und man deshalb bei der Auswahl besonders genau hinschauen müsse. Bedingung: Witzig aber nicht seicht. Als Beispiel nennt der Leiter des Festivals einen Film aus China ('Han Jia': übt Kritik an der Politik, aber vergisst das Lachen nicht) und gesteht gern: "Mir war der chinesische Humor bisher kein Begriff."
Ein 20-jähriger kann Rohmer nicht mehr kennen
Zum österreichischen Film wird nicht zu viel gesagt. Das letzte Jahr sei nicht so stark gewesen wie die zuvor, das sei aber kein Wunder, waren sie doch überdurchschnittlich. Dennoch sieht Hurch den heimischen Avantgardefilm international mit großer Anerkennung bedacht. Deshalb wird einem Vertreter dieses Sujets, Siegfried Fruhauf, im Spezialprogramm der Viennale ein eigener Teil zugestanden. Dieses Spezialprogramm unterscheide, so Hurch, das Wiener Filmfestival von anderen: Es solle das aktuelle Kino im Spannungsverhältnis zum Kino allgemein zeigen. In diesem Jahr auch mit dabei als "Spezialist" ist der junge Kanadier Denis Côté. In der Retrospektive, einer anderen Form der "Einzelbehandlung" wird das Werk des heuer verstorbenen französischen Regisseurs Éric Rohmer beleuchtet. Diesen solle man wie alle großen Künstler am Leben erhalten. "Ein 20-jähriger kann Rohmer nicht mehr kennen." Ein Missstand, den es zu verändern gilt - eine Aufgabe dieser Filmfestspiele. Die Viennale-Tribute-Kategorie widmet sich in diesem Jahr dem Filmemacher Larry Cohen, der, so der Direktor, nie die Anerkennung erhielt, die ihm eigentlich gebühre und dem Kameramann William Lubtchansky, wie Rohmer ebenfalls jüngst verstorben. Letzteren hätte Hurch gerne als Lebenden bei der Viennale begrüßt. "Der Tod ist mir da zuvorgekommen", bereut er, die Einladung stets aufgeschoben zu haben. Zu den Gästen aus Hollywood, die Wien die Ehre erweisen werden, wollte der Festivalchef noch nichts sagen. Einer wird es sicher, vielleicht auch zwei. Er möchte die Starfrage aber auch nicht zu sehr in den Mittelpunkt rücken: "Ich will nicht der Mörtel Lugner der Festivalbranche sein." Sein Wunschkandidat - und großer Wien-Fan - Johnny Depp, wird jedenfalls nicht kommen. Der dreht zur Viennale mal wieder am "Fluch der Karibik". //
Text und Fotos: Peter Baumgarten
Festival-Tipp:
Viennale 2010
21. Oktober bis 3. November
Karten sind ab 16. Oktober erhältlich