towje-kleinerWas haben wir gelacht über den am 9.1.2012 überraschend verstorbenen Towje Kleiner, sowie über Mo Schwarz, Helmut Fischer und Barbara Valentin, die in Helmut Dietls Fernseh-Serie "Der ganz normale Wahnsinn" deutschen Slapstick zum Besten gaben, frei nach dem Motto "Woran es liegt, dass der Einzelne sich nicht wohl fühlt, obwohl es uns allen doch so gut geht". Verklärte Erinnerungen? Die DVD-Box gibt Antwort darauf.

Interessant, wie sehr sich die Produktionsweise einer Fernseh-Serie änderte. "Der ganz normale Wahnsinn" aus dem Jahr 1979 - es war zugleich die erste Serie von Helmut Dietl - hat ein bemerkenswertes Patina angelegt und auch die Witze sind - nun ja - nicht gerade auf höchstem Niveau. Nervend bereits der Vorspann zu jeder Folge, umso besser dafür das Lied "Nerves" von Jackie Shay, das - neben Towje Kleiner in der Rolle des frisch geschiedenen Journalisten Maximilian Glanz, sowie den gut besetzten Nebendarstellern Helmut Fischer als Möchtegern-Casanova und Barbara Valentin als schräg-dominante Radikal-Feministin - einzige Zeiten überdauernde dieser 12-teiligen Serie. Streng reduziert hätte Dietl daraus einen glanzvollen Fernsehfilm machen können. Oder, um ein paar Ecken und anders gedacht: Woody Allen hat schließlich aus seiner Geschichte "Annie Hall" ("Der Stadtneurotiker") - die sichtlich als Pate für Dietl stand - aus gutem Grunde auch keine langatmige Fernseh-Serie gemacht, dafür einen Oscar prämierten Kinofilm.

Woran es liegt, dass der Einzelne sich nicht wohl fühlt, obwohl es uns allen doch so gut geht

Zur Erinnerung der Inhalt: Schon lange arbeitet der chaotische Journalist Maximilian Glanz, glänzend dargestellt von Towje Kleiner, an seinem Buch mit dem viel versprechenden Titel "Woran es liegt, dass der Einzelne sich nicht wohl fühlt, obwohl es uns allen doch so gut geht". Weil Maximilian bisher noch keinen Verlag finden konnte, verdient er sein Geld als Kummerkastentante einer Boulevardzeitung mit der Beantwortung von Leserbriefen. Dabei ist das Privatleben des Münchener "Stadtneurotikers" selbst ein großer Scherbenhaufen, Stichwort Scheidung. An eben jenem Scheidungstag kollidieren die Autos von Maximilian und der ebenfalls frisch geschiedenen Gloria, dargestellt von der edlen Mo Schwarz, und der "ganz normale Wahnsinn" einer frisch entfachten Liebe nimmt seinen Lauf. So weit so gut und so weit so simpel. Verwicklungen ohne Ende und Missverständnisse statt Zugeständnisse ist so ziemlich das beherrschende Thema jeder Folge. So sehr die schnellen Schnitte gegenwärtiger Filme nerven, mehr noch, weh tun, so wenig erfrischend sind die langen Einstellungen von diversen Autofahrten in Dietls Serie und so kurios anmutend das ewiglich lange Läuten lassen des Telefons. Details, die der 12-teiligen Serie viel vom Witz nehmen und geradezu hemmend wirken. Nach der sechsten Folge, was auch das Ende der ersten Staffel war, hat man genug davon. (Manfred Horak)

der_ganz_normale_wahnsinnDVD-Tipp:
Der ganz normale Wahnsinn (3 DVDs)
Bewertung: @@@
Extras: @@
Label/Vertrieb: Pixis/Sony BMG (2008)