Wunschloses Unglück als Theaterstück ist eine Hommage an einen umstrittenen Literaturnobelpreisträger und eine durchschnittliche Frau des 20. Jahrhunderts.
Wunschloses Unglück Theaterkritik
Nein, hier wird nicht Handke zitiert, um über Pandemisches zu schreiben. Es geht tatsächlich um das Buch von Peter Handke, das er nach dem Freitod seiner Mutter schrieb. Unter der behutsamen Regie von Augustin Jagg, lassen die Protagonist*innen, Simon Alois Huber als Sohn und Daniela Gaets als Mutter, bedächtig, mit klarer Gestik und schön gesprochen, die Lebensgeschichte der Mutter Revue passieren.
Gefangen
Dieses Leben spielt sich hauptsächlich im ländlichen Kärnten ab, zwischen Erstem Weltkrieg und 1971. Zu dieser Zeit und in dieser Landschaft, hat eine Frau nichts zu sagen oder zu wünschen. Dulden soll sie, sich einfügen. Die Mutter ist Gefangene dieser Landschaft und Kultur, versucht in jungen Jahren auszubrechen und scheitert. Leitmotive sind Scham, Unterdrückung, Selbstentsagung. Es ist ein Frauenleben wie viele andere auch, das hier beschrieben wird.
Ausbruch
Und doch ist dieses Leben auch ein Einzigartiges. Sie läuft von zuhause weg und erlernt einen Beruf. Die Väter ihrer Kinder sind keine Einheimischen. Einige Zeit lebt sie in Berlin. Nach der Rückkehr in die Heimat wird es um sie aber immer enger, es gibt kein Entrinnen vor Brauchtum, ehelicher Gewalt, Verstummen und letztendlichem Absterben jedweden Gefühls. Stolz ist der Sohn auf ihren Suizid, letzte Möglichkeit ihren freien Willen zu behaupten.
Stille
Entrückt wird diese Geschichte erzählt, klar, ohne Pathos, aber mit immer wieder aufblitzendem Lachen. Alles wird benannt, nichts beschönigt. Das Bild eines Lebens wird in allen Details ausgeführt. Das Publikum folgt mit höchster Konzentration. Alles ist ganz nah und dann doch nicht. Es ist vollendet. //
Text: Ruth Kanamüller
Fotos: Theater Kosmos
Kurz-Info:
Wunschloses Unglück von Peter Handke
PREMIERE: 20. März 2021
noch zu sehen bis 25. April 2021
im Theater KOSMOS in Bregenz