7 pleasures Szene

Mette Ingvartsen zeigt beim ImPulsTanz ihre 4teilige Performance Red Pieces, darunter auch 7 pleasures, in der das Durchhaltevermögen nicht für all die Freuden reicht.

7 pleasures

Vor Beginn der Performance, als das Publikum den Saal des Akademietheaters betrat, sitzt Mette Ingvertsen in einer der hintersten Reihen im Dunkeln, zupft sich ihren Pony zurecht und begutachtet die möblierte Bühne: Couch, Sessel, Tisch, Teppich, eine Pflanze und ein Vorhang. Sie wandert durch die Reihen und nimmt in einer der ersten Platz. Für diejenigen aus dem Publikum, die sie erkennen, ist klar: die Performance beginnt in den Rängen vor der Bühne. Kontinuierliche Beschallung durch Tribal Drum Sound hält die Spannung, das Publikum wirkt aufgeregt. Und obwohl die Nacktheit und der nackte Körper schon seit den 1960er Jahren allgegenwärtig in der Performance-Kunst ist, irritiert es doch einige, als sich plötzlich 12 Performer/innen aus ihren Publikumssitzen erheben und sich ihrer Kleider entledigen. Auf ihrem Weg Richtung Bühne müssen sie sich eng an den anderen Zuschauer/innen vorbeizwängen. Niemand möchte peinlich berührt wirken, als fremde Personen nackt an ihnen vorbeistreichen. Das ist der erste Streich Mette Ingvartsens Performance 7 pleasures.

Die Ur-Impulse

Die dänische Choreografin und Tänzerin provoziert mit ihren Inszenierungen, um Fragen der Sexualität, der Normen und der Grenzen zum Thema zu machen. Beim ImPulsTanz 2019 präsentiert sie erstmals gesammelt ihre Red Pieces, bestehend aus den vier Performances 69 positions, to come (extended), 21 pornographies und 7 pleasures. In letztem reiben und verweben nackte Körper ineinander und bewegen sich als organische Entität über die Spielfläche des Theaters. Zur immer gleichbleibenden Percussions Musik rütteln und schütteln sie sich in Trance bis hin zur Ekstase, wie es schon vor Jahrtausenden die Bacchanten bei den Kultfeiern und Orgien des Dionysos machten. Das Leben von offener Sexualität ist historisch nichts Neues. So ist auch Ingavartsen bestrebt durch ihre Kunst die verschlossenen Türen, hinter denen das Sexuelle meist geheim gelebt werden darf, zu öffnen und einen öffentlichen Diskurs herzustellen, um eben neue Grenzen zu ziehen.

Der Come-Down

7 pleasures TanzszeneAls sich die Gruppe dann BDSM-Elementen hingibt und auf diverse Fetische anspielt, geht die Performance etwas energieleer und vage zu Ende. Der zweite Streich bleibt aus. Zu sehen waren letztendlich keine grenzeröffnenden, neuen Bilder, sondern mittlerweile gängige Darstellungen aus der Populärkultur. Aber mit Hinsicht auf die Notwendigkeit der zunehmenden Konfrontation mit eben solchen Bildern, um einer offeneren und vorurteilsbefreiten Gesellschaft näher zu kommen, leistete Ingvartsen mit 7 pleasures einen wertvollen Beitrag zum ImPulsTanz 2019. //

Text: Greta Kogler
Foto: Marc Coudrais