loecher_tdjLouis Sachars Buch als europäische Erstaufführung im Theater der Jugend. Eine fulminante Zeitreise rund um einen Familienfluch, Freundschaft und ... enorm viele Löcher.

Der verfluchte Ururgroßvater

Wer das Buch 'Löcher'  von Louis Sachar gelesen hat, wird sich vielleicht gefragt haben, wie man die verzwickten und verzweigten Handlungsstränge im Theater oder auch im Film umsetzen könnte. Mystische Verknüpfungen zwischen den agierenden Personen, zahlreiche Rückblenden und manche etwas an den Haaren herbei gezogenen Zusammenhänge, die das Buch an einigen Stellen konstruiert wirken lassen,  tragen das ihrige zur Verwirrung bei. Umso positiver überrascht war ich daher von der Umsetzung, die im Theater der Jugend gewählt wurde. Die unglaubliche Geschichte von Stanley Yelnats wird flott erzählt, die Rückblenden werden so verständlich wie möglich auf der geteilten Bühne dargestellt.

Pechvogel par excellence, der er aufgrund eines Fluches ist, den sein Ururgroßvater im fernen Lettland auf sich geladen hat, landen eines Tages ein  Paar Turnschuhe  auf Stanleys Kopf. Nicht weiter schlimm, könnte man meinen. Doch leider sind es die Schuhe des berühmten Baseballspielers Livingstone, die eigentlich einem guten Zweck zugeführt werden sollten. Stanley wird des Diebstahls bezichtigt und zur Strafe dafür in das Jugendcamp Green Lake  mitten in Texas verfrachtet. Von einem See ist weit und breit keine Spur, Ödland und sengende Hitze gibt es hingegen en masse.

Löcher graben

loecher_tdj2Vier Leidensgenossen namens X-Ray, Deo, Magnet und Zero müssen jeden Tag jeweils ein Loch graben, das so tief und so breit ist wie ihre Schaufel. Stanley wird bald klar, dass es hier nicht um die Charakterbildung von gestrandeten Jugendlichen geht, seine Vermutung, dass irgendwo in der Wüste ein Schatz vergraben ist, stellt sich hingegen sehr bald als richtig heraus. Die sadistische Chefin 'Der Boss' sowie die unsympathischen Aufseher Mr. Sir und Mr. Pendansky machen den Jungs das Leben schwer. Der eigenbrötlerische und sensible Zero flieht aus dem Camp, wohlwissend, dass eine Flucht schwer zu überleben ist.

Familienfluch und echte Freundschaft

Stanley ergreift ebenfalls die Flucht. Leider landet er mit dem gestohlenen Wasserwagen in einem der zahlreichen Löcher. In der Einöde findet er seinen geschwächten Freund Zero wieder und sie schleppen sich gemeinsam auf der Suche nach Wasser weiter. Endlich kommen sie zu einem Hügel, der 'Daumen Gottes' genannt wird. Irgendetwas klingelt in Stanley, als er diesen Namen hört. Denn der gigantische Daumen dürfte etwas mit dem Fluch und seiner Familie zu tun haben. Als er den beinahe ohnmächtigen Zero auf den Hügel schleppt, löst sich der Familienfluch plötzlich auf. Zero war die Schlüsselfigur in der ganzen Geschichte, allerdings ohne davon gewusst zu haben.

Giftige Eidechsen

Das Happy End lässt nicht auf sich warten. Nach entbehrungsreichen Tagen auf dem Hügel und eher monotoner Ernährung, die aus Zwiebeln, Wasser und eingelegten hundertjährigen Pfirsichen besteht, kehren die beiden heimlich nach Camp Green Lake zurück. Sie finden einen Schatz, der Stanleys Großvater gehörte und von den gefürchteten giftigen Eidechsen bewacht wird. Gerade zur rechten Zeit erscheint Stanleys Familie mit ihrem Anwalt und schafft es, die Unschuld ihres Sohnes zu beweisen und ihn zu befreien. Als Draufgabe kann auch Zero das Camp verlassen.

loecher_tdj1Wie gesagt, die Story hat es in sich. Sympathieträger sind natürlich Zero (Dennis Cubic) und Stanley, (Matthias Mamedof). Sie liefern gemeinsam mit X-Ray, Deo und Magnet die überzeugendste Performance. Warum allerdings die Darsteller/innen der erwachsenen Figuren angehalten wurden zu outrieren, bleibt eine offene Frage. Ein wenig entsteht der Eindruck, dem jungen Publikum im Laufe dieser 2 Stunden keine Verschnaufpause zumuten zu wollen. Akteur/innen, die in die Karikatur abgleiten, sind dafür offensichtlich Mittel zum Zweck. 

Die Altersempfehlung im Programmheft (ab 6 Jahren) erzeugt angesichts der Komplexität dieses Stückes verwundertes Kopfschütteln und ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar. (Text: Evelyn Blumenau; Fotos: Rita Newman)


Kurzinfos:

Bewertung: @@@
Löcher - Die Geheimnisse von Green Lake von Louis Sachar
aus dem Amerikanischen von Gerald Maria Bauer
Regie:Gerald Maria Bauer
Ausstattung:Friedrich Eggert
Musik:Klaus Erharter

Theater der Jugend
Neubaugasse 38, 1070 Wien
täglich außer sonntags bis 8. Mai 2008
Tel.: 521 10
www.tdj.at